Eine größere Gruppe steht in Sommersachen gemeinsam am ICE nach Frankfurt und könnte sich noch so viel sagen, doch es bleibt kaum Zeit. Abschied nehmen heißt es, kleine Geschenke werden überreicht, manche Träne kullert. Szenen, die sich auf allen Bahnhöfen der Welt gleichen, für uns jedoch ein ganz besonderer Tag: Unser Gastkind verlässt uns.
Dawn nimmt viel nach China mit
Ein Jahr Lebenserfahrung in einer gänzlich neuen Welt liegt hinter den Jugendlichen. Sie sprechen unsere Sprache fast fließend und nehmen ein Stück unserer Kultur und unserer Herzen mit in ihr Heimatland. Viel zu schnell verging dieses ihnen am Anfang so lang erscheinende Austauschjahr. Unsere Entscheidung für ein Gastkind ist nach dem Austauschjahr unserer Tochter Bianca gereift, die mit YFU ein Jahr in Lettland verbrachte. Wir sind eine Dresdner Familie mit zwei Töchtern und haben im Jahr 2009/10 Xiaodan (Dawn) Zhu aus Nanjing (China) in unsere Familie aufgenommen.
Natürlich gab es im Vorfeld teilweise Bedenken sowie manches Vorurteil, auch aus dem Kreis der Bekannten und Verwandten, ein Jahr mit einem Jugendlichen aus einem völlig fremden und uns relativ unbekannten Kulturkreis zusammenzuleben. In unserem Fall völlig unbegründet. Bis Weihnachten war es für alle eine Zeit des Kennenlernens. Die größte Herausforderung für Dawn bestand anfänglich darin, den Schulalltag zu meistern und Freunde zu finden. Mit Zunahme des Wortschatzes gelang es ihr immer besser.
Was hat sich verändert? Die Weltsicht!
Unsere Familie lernte, sich auf Dawn einzustellen, z. B. die Nuancen zwischen „ja“ und „ja“ zu erkennen. (Ein „Nein“ gibt es im Chinesischen nicht.) Kleine Probleme können so schneller verstanden und gelöst werden. Mit steigenden Sprachkenntnissen wurden die anfänglich in Englisch geführten Gespräche tiefer, Diskussionen noch interessanter. Nach diesem Jahr teilen wir viele schöne Erlebnisse miteinander.
Was bringt so ein Austauschjahr? Auf jeden Fall die Erweiterung der Weltsicht, mehr Wissen über fremde, aber auch unsere eigene Kultur und Umgebung.
PS: Für einen geplanten Chinaurlaub lerne ich, die Gastmutter, seit einem halben Jahr die chinesische Sprache!