Warum unsere Bildungsarbeit aktueller ist denn je
„Das wichtigste Ziel der Bildung ist nicht nur das Vermitteln und das Fördern von Kenntnissen, Fähigkeiten, Kompetenzen, Verhaltensweisen und demokratischen Grundwerten. Ihr obliegt es auch, jungen Menschen, gemeinsam mit den Eltern und Familien, zu ermöglichen, aktive, verantwortungsbewusste und weltoffene Mitglieder der Gesellschaft zu werden.
Die Jugend stellt unsere Zukunft dar. Deshalb muss sie diese auch gestalten können. Nur gemeinsam kann es uns gelingen, Ausgrenzung, Intoleranz, Rassismus und Radikalisierung vorzubeugen und zu bekämpfen und uns für Chancengleichheit einzusetzen. Dazu müssen wir den Initiativgeist und das Engagement der jungen Menschen stärken und die gemeinsamen Grundwerte bekräftigen, die unseren Demokratien zugrunde liegen.“
Pariser Erklärung zur Förderung von Politischer Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung, 12. Februar 2015
Was die europäischen Bildungsminister*innen hier beschreiben, sind wesentliche Aspekte der Zielsetzung des Globalen Lernens und der Global Citizenship Education. Global Citizenship Education zielt laut der Definition durch die UNESCO darauf ab, Lernende jeden Alters zu befähigen, eine aktive Rolle sowohl lokal als auch global beim Aufbau friedlicherer, toleranterer, inklusiverer und sicherer Gesellschaften zu übernehmen und ist verankert in den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Global Citizenship Education hat drei konzeptionelle Dimensionen:
- Die kognitive Dimension bezeichnet den Erwerb von Wissen, Verständnis und kritischem Denken zu globalen Herausforderungen und zur Vernetzung und Interdependenz von Staaten und Bevölkerungen.
- Die sozioemotionale Dimension bezieht sich auf das Zugehörigkeitsgefühl der Lernenden zu einer gemeinsamen Menschheit, das Teilen von Werten und Verantwortung sowie die Entwicklung von Empathie, Solidarität und Respekt für Unterschiede und Vielfalt.
- Die Verhaltensdimension erwartet von den Lernenden, dass sie auf lokaler, nationaler und globaler Ebene für eine friedlichere und nachhaltigere Welt verantwortlich handeln.
Global Citizenship Education als „politische Bildung im globalen Maßstab“ stellt dabei kein neues Bildungskonzept oder gar Unterrichtsfach dar, sondern einen übergeordneten Denkrahmen für bereits existierende Konzepte, wie z.B. die Friedens- und Demokratieerziehung, die Menschenrechtsbildung, die Politische Bildung, die Interkulturelle Bildung und Globales Lernen. So entsteht eine neue, globale Perspektive auf bekannte gesellschaftliche Herausforderungen.
Durch die Einbeziehung der globalen Dimension in die Bildung werden Verbindungen zwischen lokalen und globalen Fragen hergestellt, und jungen Menschen wird die Chance gegeben ihre eigenen Werte und Einstellungen zu hinterfragen. Sie lernen, die Gemeinsamkeiten zwischen Menschen zu würdigen und Vielfalt wertzuschätzen. Sie entwickeln ein Verständnis für den globalen Kontext ihres lokalen Lebens sowie Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen, Ungerechtigkeit, Vorurteilen und Diskriminierung aktiv entgegenzutreten.
Eine äußerst wirkungsvolle Methode im Hinblick auf die oben beschriebenen Bildungsziele ist zweifelsfrei der internationale Austausch. Die Erfahrung des Lebens in einer anderen Gesellschaft, nicht in einer beobachtenden, sondern einer teilnehmenden und teilhabenden Rolle, stellt einen bedeutenden Lernschritt dar: Wir müssen unweigerlich über uns selbst, unsere Werte und Einstellungen nachdenken, in dem Drang uns selbst zu positionieren in Bezug auf die Anderen um uns herum - etwas, das wir nicht unbedingt tun, während wir uns in unseren bekannten, gelernten und verinnerlichten Strukturen befinden. Anstatt andere aus der Ferne zu beurteilen, lernen wir, Gemeinsamkeiten zu identifizieren und wertzuschätzen und erkennen, dass es in Ordnung ist, anders zu sein. Dies ist wiederum der erste Schritt zur Entwicklung einer vorurteils- und diskriminierungsfreien Denkweise und zur Betrachtung unserer Welt als komplexes, vielfältiges und vernetztes System.
Nebenbei werden weitere wichtige persönliche Kompetenzen gestärkt: Der Umgang mit herausfordernden Situationen der Unsicherheit, Frustration, Einsamkeit und des Scheiterns - die ein langfristiger Austausch zwangsläufig mit sich bringt – aber auch mit Erfolgserlebnissen, dem Gefühl der Zugehörigkeit, Freude, Spaß und Freundschaft führen zu einer mitunter signifikanten persönlichen Entwicklung. Die Teilnehmenden entwickeln
- ein Verständnis für die grundlegende Notwendigkeit, sich anzupassen und Verantwortung zu übernehmen
- die Fähigkeit, mit anderen zu kommunizieren und Kontakte und Beziehungen aufzubauen
- ein Maß an Stabilität und Belastbarkeit
- die Fähigkeit zur Reflektion und zum Lernen
- eine Stärkung des persönlichen Engagements für die eigene Umgebung
(YFU Bildungsziele)