Stella hat sich von Anfang an so gut in unsere Familie eingefügt, dass wir schon nach kurzer Zeit ganz vergessen haben, dass sie über viele Abläufe und ähnliches eigentlich noch gar nicht Bescheid wissen konnte. Wir haben uns gefreut, dass wir wieder ein Gastkind in der Familie hatten und Stella war froh, bei uns gut aufgenommen zu werden – es passte einfach sehr gut und diese Freude war beidseitig und hat alle durch dieses Jahr getragen!
Jeder von unserer Familie hatte mit Stella ein sehr enges Verhältnis auf seine ganz persönliche Weise. Stella begleitete meinen Mann auf das eine oder andere Sportereignis, wovon seine beiden „anderen Frauen" nicht so begeistert waren; Stella teilte sich mir über die Ereignisse und Kontakte in der Schule mit, kam immer gerne mit zum Einkaufen, half auch immer mal in der Küche und lernte etwas Kochen. Das Verhältnis zu unserer Tochter war von gleichzeitiger Nähe und Distanz gekennzeichnet. Die beiden unternahmen viel, aber längst nicht alles zusammen, gingen unheimlich gerne miteinander shoppen, liehen sich Kosmetika und Ähnliches. Trotzdem hatte jede ihren eigenen Freundeskreis, der auch weitgehend getrennt blieb. Hatte unsere Tochter Liebeskummer, so war Stella definitiv nicht die richtige Person zum Herzausschütten, trotzdem war sie da und nahm Anteil.
Es ist schön, die gelingende Entwicklung mitzuerleben
Im Winter war es vielleicht für Stella am schwierigsten, wobei sie nie den Kopf hängen ließ oder von sich aus Heimweh formulierte. Trotzdem war an dieser Stelle ein Besuch von ihrem Betreuer wichtig, der ihr den Rat gab, nicht zu viel Kontakt mit zu Hause zu halten, was Stella auch beherzigte. Ab dem Frühjahr eilte die Zeit dahin, die Freundschaften mit Klassenkameradinnen und anderen YFU-Austauschschülern wurden enger und es war vielmehr eine ständig zunehmende Freude bei Stella zu spüren, hier so viel erleben zu dürfen und natürlich auch auf die näher rückende, erfolgreiche Heimkehr zu Familie und Freundeskreis.
Wir haben schon im Jahr zuvor festgestellt, wie bereichernd für uns ein weiteres Familienmitglied war und wie spannend so ein Jahr verläuft: Von der Aufregung und einer schlechten Nacht, bevor der Mensch, der uns so nahe kommt, endlich bei uns eintrifft; über die Freude, Werte und Lebenseinstellungen mit einem weiteren jungen Menschen diskutieren zu können. Und vor allem das Miterleben, wie zum Ende hin in ein inneres Strahlen über das gute Gelingen und die vielen positiven Rückmeldungen und Freundschaften dieses Jahres auftaucht. Dies war sowohl bei Oleg so, wie jetzt auch bei Stella. Dafür sind wir dankbar und es beschenkt auch uns.
Als Gastfamilie tun wir uns selbst etwas Gutes
Wir erfahren, wie Menschen in einem anderen Land leben, und gerade weil weite Reisen bei uns in dieser Lebensphase nicht anstehen, weitet sich unser Horizont auf eine ganz andere Weise. Viele Bekannte und Freunde fragen uns: „Warum noch mal? Ist es nicht an der Zeit, Euch mal um Euch zu kümmern?" Und unsere Antwort: Wir kümmern uns dabei auch und vor allem um uns. Nur auf den eigenen Bauchnabel schauen macht nicht glücklicher! Unserer Tochter, als Einzelkind und echter Freigeist, tut es gut, wenn beide Eltern nicht ständig nur beobachten, was sie alles macht oder nicht macht. Wir profitieren alle davon und das ist die Hauptsache. Manchmal denke ich auch, dass wir überhaupt erst in der Rückschau die volle Tragweite unseres geteilten Lebens ermessen können, das gilt bestimmt auch so für Stella.
Monika, Jürgen und Janina Eich