Es ist Juni. Schon wieder nähert sich die Zeit wo ein Jahr zu Ende geht. Jetzt denken Sie bestimmt, die spinnen doch, wir haben gerade erst Sommer! Deshalb werde ich Ihnen hier mal erzählen, wie es dazu kam, dass es in unserer Familie eine andere Zeitrechnung gibt.
Austauschschüler sind nicht bloß Gäste
Das ganze fing im November 1997 an. Da bekamen wir unseren ältesten Sohn. Ein sogenanntes Gastkind. Diesen Begriff werde ich nur hier einmal zur Erklärung einsetzen. Für uns sind unsere „Gastkinder" unsere Kinder. Sergio war unser erster, er kam aus Argentinien und ist wie viele Latinos ein richtiger Macho. Wenn man den Herren Machos erst mal klar gemacht hat, wie die Stellung der Frau hier ist, kommt man mit diesen lieben Charmeuren gut aus. Trotzt mancher Reibereien hatten wir nach Sergio erst recht Lust auf Kinder aus anderen Ländern bekommen. Wir haben in den darauf folgenden Jahren Söhne aus Mexiko, Honduras, Brasilien, Norwegen, Frankreich und Moldawien bekommen. Auch zwei Mädchen sind dabei: Kacie aus Iowa und zurzeit ist Indra aus Brasilien da. Sie kommen meistens im August und bleiben bis Anfang Juli. Deshalb ist für uns das „Jahr" dann zu Ende, wir planen mittlerweile auch in dem Rhythmus.
Das Jahr beginnt am Ende des Sommers
Die Herbstmonate vergehen mit einleben und Sprachkenntnisse vertiefen. Wenn sich dann das neue Kind eingelebt hat, geht es an die Weihnachtsvorbereitungen. Klar, dass die Kids dann auch mal wehmütig an Zuhause denken, mittlerweile haben wir aber eine gute Therapie dagegen entwickelt. Beschäftigung, wir backen Kekse, suchen Geschenke für die Heimatfamilie, schreiben Weihnachtskarten und schmücken das Haus. Die Kinder freuen sich dann so auf deutsche Weihnachten, dass nicht mehr viel Zeit zum trauern bleibt. Wenn dann doch mal Tränen fließen, wird getröstet und diskutiert, z.B. über die Unterschiede beim Weihnachtsfest. Sie erzählen dann von Weihnachten zu Hause. Im Laufe des Jahres kommt es auch immer mal wieder vor, dass eins unserer Kinder für ein paar Tage oder Wochen vorbeischaut.
Unterwegs mit der internationalen Familie
Im Frühjahr können die Kids dann genug Deutsch, dass sie auch mal was alleine unternehmen, das weiter weg ist. Am liebsten fahren sie aber mit uns zusammen. So wie jetzt. Indra und eine Freundin fahren mit uns nach Paris. Zwei unserer anderen Kinder kommen während der Zeit auch gerade vorbei und so fahren wir halt mit 4 Kindern. Anschließend gehen wir einkaufen. Unsere Kacie heiratet nächstes Jahr und da gehen wir jetzt schon mal nach einem Brautkleid schauen.Wenn im Juli unsere Indra wieder nach Brasilien zurückgekehrt, ist bekommen wir Besuch von Ben, unserem Franzosen. Er muss für sein Studium 4 Wochen Praktikum machen. Das kann er auch hier ableisten und so ist er, wie er selbst sagte, mal wieder in seinem deutschen Zuhause.
Schon Großeltern!
Im August fahren wir nach Norwegen. Unser Joakim, dieser Schlingel, hat uns schon zu Großeltern gemacht. Jetzt wollen wir die Gelegenheit nutzen und unser Enkelkind besuchen. Wenn wir wieder zurück sind, dauert es nicht mehr lange bis wir zu unseren 3 brasilianischen Kids fliegen können. Im Dezember, also mitten im Jahr, feiern wir dort mit ihren Familien das Weihnachtsfest und anschließend erkunden wir dann mit Indra und den beiden Jungs einen Teil von Brasilien, den wir noch nicht kennen.
Wichtig sind die Menschen, die man liebt
Demnächst machen wir etwas, was wir nie wollten. Wir fliegen in die USA. Unsere älteste Tochter Kacie heiratet. Da wir ihr bei ihrer Abreise sagten, dass der einzige Grund in die USA zu fliegen für uns ihre Heirat wäre, müssen wir ja jetzt wohl anfangen zu sparen. So verändern einen die Kinder. Wir fliegen in ein Land, das wir nicht mögen, wir haben gelernt die Menschen zum Teil zu lieben und den Rest zu akzeptieren. Da ist es dann auch egal ob wir die Politik mögen. Menschen sind wichtiger, erst recht die, die man liebt.