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Austauschschülerin mit Freunden auf Berg in Finnland

Mein Jahr im wunderschönen Lappland

Erfahrungsbericht von Katja, Austauschjahr in Finnland

Seit eine meiner Cousinen vor einigen Jahren ein Auslandsjahr in Ungarn gemacht hat, stand für mich fest, dass ich das auch machen will. Und von Anfang an war es mein Traum, dass es in den Norden gehen soll. Und in den Norden ging es auch, am Ende noch nördlicher wie ich erwartet hatte, nämlich mitten ins nirgendwo, nördlich vom Polarkreis.

 

Von Anfang an

Ich erinnere mich noch ziemlich gut an die Zeit vor ungefähr einem Jahr, als ich angefangen habe die Tage zu zählen und selbst unzählige Erfahrungsberichte gelesen habe. Wenn ich meinen Freunden gesagt habe, ich würde für das nächste Jahr nach Finnland gehen, habe ich das immer so gesagt aber trotz unglaublicher Vorfreude hat es sich nie wirklich realistisch angefühlt. Dann kam die Benachrichtigung über meine Gastfamilie und alles rückte einen großen Schritt näher. Und Anfang August, beim Packen, kam wirklich das Gefühl – jetzt sind es die letzten Tage hier, für eine ziemlich lange Zeit. Und jetzt, nach neun Monaten in Finnland frag ich mich jeden Tag wohin die ganze Zeit verflogen ist.

 

Schule hier in Finnland


Ca. 45km von meinem Zuhause entfernt, täglich knapp zwei Stunden im Bus und jeden Tag Unterricht bis drei Uhr – das alles trifft auf meine Schule zu und klang am Anfang nicht so wirklich verlockend, aber jetzt, wo das Schuljahr fast vorbei ist kann ich sagen, dass die Schule trotz allem einer der besten Teile meines Lebens hier ist. Hier sind drei Dinge die mir besonders gut gefallen:

Das erste und meiner Meinung nach auch beste hier ist die Atmosphäre. Ich meine damit, dass es sich gar nicht richtig anfühlt wie Schule. Überall hängen hier Bilder und in allen Gängen und vielen Klassenzimmern sind Sofas. Die Beziehung zu den Lehrern hier ist anders, man duzt sie und nennt sie beim Vornamen. Ich mag es auch, dass meine Schule sehr klein ist und jeder quasi jeden kennt.

Ein weiter Punkt ist tatsächlich der Unterricht. Die Lehrer gestalten ihn viel moderner und lockerer als in Deutschland. Es gibt nicht viel frontal Unterricht aber mehr freie Arbeitsabschnitte und viel Gruppenarbeit. Man ist nicht immer an die Tische gefesselt, sondern darf ab und zu auch in die Bibliothek, nach draußen oder in den Gang und jeder darf in seinem Tempo arbeiten.

Die dritte Sache ist sicherlich der größte Spaßfaktor: die Schultraditionen. Davon gibt es hier eine ganze Menge allen voran Penkkarit und Wanhat. Wanhat ist der große Tanzball der Zweitklässler bei dem sie feiern, die Schulältesten zu sein da es einem Tag nach dem „Rausschmeißen” der Drittklässler ist, nämlich Penkkarit. An meiner Schule war es auch Tradition dass sich an Penkkarit die Zweitklässler als Babys verkleiden, für den letzten Tag als „kleine”.

 

Freunde, Familie und Freizeit


Schon vor dem Jahr habe ich mir vorgenommen, irgendein neues Hobby auszuprobieren und am Ende war das auch nicht schwer, da ich einfach mit meinen Gastgeschwistern zu den Pfadfindern und der Jugendgruppe der freiwilligen Feuerwehr gegangen bin. Beides gefällt mir sehr gut und ich habe viele neue Leute kennen gelernt. Über die Sache mit neuen Freunden habe ich vor meinem Jahr manchmal nachgedacht, weil es immer hieß, Finnen seien eher schweigsam und schüchtern und habe schon befürchtet am ersten Schultag alleine beim Mittagessen zu sitzen. Es kann sein, dass manche Anfangs etwas zurückhalten sind und ich habe sehr oft „Sorry, I don’t really speak English” zu hören bekommen, aber das trifft ganz bestimmt nicht auf alle Finnen zu. Ich hatte das Glück, dass mich gleich am ersten Tag eine Gruppe überall hin mitgenommen hat und die Leute sind bis heute auch meine besten Freunde hier.

 

Meine Gastfamilie habe ich schon gleich von Anfang in mein Herz geschlossen und es ist eine ganz einzigartige Freundschaft entstanden, bei der ich mir sicher bin, dass sie ein Leben lang hält. Ich habe mich relativ schnell wie ein Teil der Familie gefühlt, weil sie mich fast genauso wie ihre eigenen Kinder behandelt haben und ich bin ihnen so unglaublich dankbar für all die Möglichkeiten die ich durch sie bekommen habe.

 

„Ist es da nicht den ganzen Winter dunkel???”


Das war wahrscheinlich die häufigste Frage die mir aus Deutschland gestellt wurde, aber ich habe immer geantwortet, dass es ja dafür den ganzen Sommer hell ist und man im Dunkeln besser Polarlichter sehen kann. Und das stimmt. Nur weil die Sonne nicht aufgeht, heißt es nicht, dass es den ganzen Tag stockdunkel ist. Ich muss sagen, dass die finnische Natur einfach unglaublich schön ist, noch schöner wie man es auf Bildern zeigen kann und sie hat mir einen Teil wunderbarer Erfahrungen hier ermöglicht. Nur ein paar Beispiele: Mitten in der Nacht bei –20 Grad, Polarlichtern und Vollmond Skilanglaufen gehen, aus dem Saunafenster in den Schnee hüpfen um dann im Eisloch schwimmen zu gehen, die vielen Wanderungen und Zelttouren mitten in der Natur, einfach das Gefühl bei –35 Grad auf den Schulbus zu warten, mit meinen Gastvater Elche jagen gehen, und und und....

 

Die Sache mit der Sprache...


Ja, es stimmt, dass Finnisch 15 Fälle hat und Sprachforscher sagen auch, dass die deutsche Sprache näher mit Hindi verwandt ist als mit Finnisch. Trotzdem ist es nicht unmöglich zu lernen!! Anfangs war es schon etwas frustrierend, wenn man nichts versteht oder nicht so schnell Fortschritte macht wie man es sich wünschen würde. Dafür ist es ein unglaublich tolles Gefühl ganze Konversationen auf Finnisch zu halten und die Finnen, die ich kennenlernen durfte, haben sich über jedes Wort, was ich am Anfang auf Finnisch gesagt habe, gefreut. Die meisten Finnen freuen sich allein schon darüber, dass man sich für ihr Land so begeistert.

Bevor ich nach Finnland gereist bin, habe ich mit einer Vokabel App angefangen finnisch zu lernen, konnte bei der Abreise aber nur ein paar einzelne Wörter. Hier in Finnland habe ich mir aus der Bibliothek immer Kinderbücher mit Bildern und Wörtern, einfach geschriebene Bücher und Comics ausgeliehen. Jetzt im Nachhinein würde ich auch sagen, dass mir das „Im Unterricht sitzen und nichts verstehen” am Anfang vom Jahr ziemlich geholfen hat, da man auch durchs nur zuhören mehr lernt als man glaubt und im Englisch und Deutschkurs, wo ich die Vokabeln halt andersrum gelernt hat. An größeren Schulen, gibt es manchmal sogar die Möglichkeit Finnisch-Kurse zu belegen.

Ich kann aus meinen Erfahrungen aber zu 100 Prozent bestätigen, dass sich die ganze Arbeit auszahlt!!!

 

Alles in allem würde ich sagen, dass die Entscheidung ein Auslandsjahr zu machen, eine der besten in meinem Leben ist und dass ich ein zweites Zuhause in einem Land, das mein Herz erobert hat, für immer gefunden habe.

Eine der unzähligen Aussichten

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Katja mit Freunden an Wanhat

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Auf Zeltwanderung mit den Pfadfindern

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Beim YFU Midyear-Camp

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Snowboarden mit meinen Gastschwestern

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Beim Blaubeeren sammeln mit unseren Hunden

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Poroerotus, eine traditionelle Arbeit der Rentier-Männer

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Wenn die Sonne fast aufgeht

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