Was passiert, wenn sich zwei ehemalige YFU- Austauschschüler*innen im Ehrenamt kennenlernen, sich verlieben, eine Familie gründen – und schließlich selbst Gasteltern werden? Bianca und Laurits geben uns einen persönlichen Einblick in ihre ganz besondere YFU-Geschichte, die mit Seen in Michigan und Sonnenaufgängen in Brasilien begann.
Liebe Bianca, lieber Laurits, zunächst einmal die klassische YFU-Einstiegsfrage: Wann und wo wart ihr im Austauschjahr? Und was ist die erste Erinnerung, die ihr jeweils mit dem Jahr verbindet?
Bianca: Ich war 2001/2002 in den USA, in Pinckney, Michigan. Der Ortsteil, in dem meine Gastfamilie ihr Haus hatte, hieß Lakeland - und das ist auch eine meiner ersten Erinnerungen: dass ich ganz beeindruckt davon war, dass wir in 3 Himmelsrichtungen in weniger als 100 Metern Seen um unser Haus herum hatten.
Laurits: Ich war 2004/2005 in Brasilien, in einer kleinen Stadt namens Maricá, nicht weit von Rio de Janeiro. Als unser Flugzeug morgens landete, ging gerade eine strahlende Sonne am blauen Himmel auf. Nach dem Regen in Deutschland fühlte sich das nach einem magischen Beginn an.
Eure gemeinsame YFU-Geschichte begann nach eurer Rückkehr aus dem Austausch im YFU-Ehrenamt: Wann und wie habt ihr euch kennengelernt?
Laurits: Das erste Mal getroffen haben wir uns auf dem ISLA - dem Interessen-Seminar Lateinamerika. Danach waren wir beide ehrenamtlich in der damaligen Landesgruppe HeRheSa tätig und übten dort jeweils ein Referat aus, bevor wir dann im Jahr darauf in eine deutlich intensivere Zusammenarbeit starteten, weil wir als Regionalvertreter und Regionalvertreterin gewählt wurden und dann zwei Jahre zusammen mit der Landesvertretung die Landesgruppe leiteten.
Wie ging es dann weiter? War es „Liebe auf den ersten Blick“ oder wart ihr erst einmal nur Freunde?
Bianca: Im Steuerungsteam der Landesgruppe haben wir gut zusammen „funktioniert“, waren auf einer Wellenlänge und haben uns vertraut. Nach zwei Jahren zog ich mich aus der Landesgruppenleitung zurück und widmete mich anderen Aufgaben. Witzigerweise war das der Anfang einer ganz neuen „Zusammenarbeit“: nach einem gemeinsamen Skiurlaub (mit weiteren YFU-Freunden) kamen wir als Paar nach Hause, obwohl wir vorher gar nicht auf die Idee gekommen waren, dass da mehr sein könnte.
Inzwischen seid ihr verheiratet und habt drei Kinder – und im letzten Jahr habt ihr eure Familie um eine YFU-Austauschschülerin aus Brasilien erweitert. Warum habt ich euch entschieden, Gastfamilie zu werden?
Laurits: Eigentlich war immer klar, dass wir einmal Gastfamilie werden würden. YFU war seit unseren beiden Austauschjahren immer präsent in unserem Leben, wir sind von der Sache überzeugt und wünschen uns, dass auch unsere Kinder einmal die Möglichkeit haben werden, „in der Welt zu Hause zu sein“. Wir hatten allerdings nicht gedacht, dass wir schon so „früh“ zu Gasteltern werden würden… schließlich waren unsere Kids gerade 5 und 3, Bianca war mit dem Kleinsten schwanger, als Fernanda zu uns kam.
Bianca: Nun ist aber Fernanda auch nicht IRGENDEINE Austauschschülerin, sondern die Tochter von Laurits’ Gastschwester aus seinem Austauschjahr in Brasilien und seine Patentochter. Laurits hat die ganzen Jahre viel Kontakt gehalten. 2013 habe dann auch ich seine Gastfamilie (und auch Fernanda) persönlich kennengelernt. Ein Jahr später (als ich für eine berufliche Entsendung in Brasilien war und Laurits mich dorthin begleitet hat) haben wir sie häufig gesehen und auch ich habe seine Gastfamilie ins Herz geschlossen. Als Fernandas Oma dann im Herbst 2023 schrieb und fragte, ob wir uns vorstellen könnten, Fernanda bei uns aufzunehmen, war es eine Herzensentscheidung.
Wie war dann die Erfahrung für euch?
Bianca: Es war herausfordernd, anstrengend und wunderschön zugleich. Fernanda hatte am Anfang sehr mit Heimweh zu kämpfen - letztendlich ist sie aber ein echtes Mitglied unserer Familie geworden. Mit unserem Großen hat sie oft Quatsch gemacht; unsere Tochter hat es geliebt, eine große Schwester zu haben, mit der sie "Mädchen-Sachen" machen kann; und die ersten Wochen mit unserem Kleinsten hat sie hautnah mitbekommen. Das prägt, verbindet und schafft Erinnerungen, die für immer bleiben werden. Unser Gästezimmer heißt - 5 Monate nach ihrer Abreise - immer noch ganz klar „Fernandas Zimmer“. Wenn die Kinder aufzählen, wen sie alles „bis zum Mond und zurück“ lieb haben (Zitat aus einem Kinderbuch), dann ist Fernanda immer Teil dieser Aufzählung. Und auch wir Großen können es kaum erwarten, Fernanda hoffentlich spätestens in ein paar Jahren wieder zu sehen!
Wie sehr prägt euch euer Austauschjahr und euer YFU-Ehrenamt noch heute?
Laurits: Ehrenamt hat leider aktuell keinen Platz in unserem ohnehin vollen Lebensalltag - drei Kinder, zwei Jobs, ein Garten mit vielen Projekten… aber alles hat seine Zeit. In der Schul- und Uni-Zeit waren wir sehr aktiv; und auch in der Zukunft wird es wieder Zeiten geben, in denen YFU Raum bekommen wird. Dennoch haben unsere Erfahrungen bei YFU natürlich einen großen Einfluss auf unser Leben - viele unserer Freunde haben wir bei der ehrenamtlichen Arbeit kennengelernt, unsere beruflichen Entwicklungen sind davon geprägt, was wir in unserer ehrenamtlichen Arbeit gelernt haben und für unsere Kinder ist es selbstverständlich, dass auch sie einmal ins Austauschjahr gehen wollen.
Darauf freuen wir uns schon! Herzlichen Dank für das Gespräch und für euer Engagement und eure Verbundenheit mit YFU!