Robert und Monika Thomitzek sind bei YFU nicht mehr wegzudenken: Seit 1999 sind sie als Gastfamilie aktiv und engagieren sich auf vielen weiteren Ebenen für den Verein. Jetzt haben sie ihre Erfahrungen unter anderem dafür genutzt, um in einem kurzen Video zusammenzufassen, was man als Gastfamilie braucht – und was man zurückbekommt. Darüber haben wir mit Robert Thomitzek gesprochen und gleichzeitig mal nachgefragt, wie das vor über 25 Jahren eigentlich alles so angefangen hat mit dem Gastfamilie werden.
Lieber Robert, weißt du auswendig, wie viele Gastschüler*innen ihr schon aufgenommen habt?
Kurz vor Weihnachten ist unsere 39. Gastschülerin nach Hause geflogen. Viele unserer (Gast-)Kinder haben wir aber auch „nur“ nach einem Familienwechsel für kürzere Zeiträume während oder zum Ende des Austauschjahres aufgenommen. Insgesamt 18 Kinder waren ein volles Jahr bei uns.
Das klingt rekordverdächtig. Wie hat eure „YFU-Geschichte“ angefangen?
1997 hatte meine Schwägerin einen Austauschschüler mit einer anderen Organisation aufgenommen. Wir fanden das direkt interessant und sind dann einmal mit zum damaligen Herbsttreffen gefahren – drei Wochen später waren wir Gastfamilie für Sergio aus Argentinien. Das war eine spannende, aber auch schwierige Erfahrung, da alles sehr schnell ging und wir nicht wirklich vorbereitet waren. Nach Sergios Abreise war für uns daher klar, dass wir das unbedingt nochmal machen wollten, dann aber richtig. Monika hat sich also umfassend informiert und über 20 Organisationen kontaktiert – davon übrig geblieben sind dann drei gemeinnützige Organisationen, unter anderem YFU. Wir haben uns Kurzprofile mehrerer Austauschschüler*innen angeschaut, waren aber nicht wirklich überzeugt. Wieder durch meine Schwägerin – die auch noch einmal aufnehmen wollte – sind wir dann auf Pedro aus Brasilien aufmerksam geworden, bei dem wir direkt ein gutes Gefühl hatten. Pedro kam mit YFU nach Deutschland und so wurden wir 1999/2000 zum ersten Mal YFU-Gastfamilie.
Ein Glück für uns! Wie ging es dann weiter?
Das Jahr mit Pedro war super. Zwar war auch nicht immer alles „Friede, Freude, Eierkuchen“, aber insgesamt lief es einfach runder – auch, weil wir besser vorbereitet waren. Nach seiner Abreise sind wir dann das erste Mal nach Lateinamerika geflogen und haben sowohl Pedro als auch Sergio besucht. Das war eine wunderschöne Erfahrung und vor allem das Feedback der Familien der beiden war überwältigend. Nach unserer Rückkehr haben wir dann mit YFU Adrian aus Mexiko aufgenommen und im Jahr darauf hatten wir mit Sergej aus Moldawien das erste Mal einen YFU-Austauschschüler bei uns, der die Familie gewechselt hatte. 2006/07 kam dann Kacie aus den USA – obwohl ich selbst nie ein Mädchen und schon gar niemanden aus den USA aufnehmen wollte. Das Jahr mit Kacie hat mich eines Besseren belehrt und wir sind heute noch in gutem Kontakt. Inzwischen hatten wir Kinder aus Polen, Frankreich, Georgien, Japan, der Mongolei, der Türkei und vielen anderen Ländern zu Gast und haben über zehn Enkelkinder auf der ganzen Welt.
Wir dürfen bei YFU schon seit längerem immer mal wieder durch Fotos und auch Videos an euren Erfahrungen teilhaben. Nun habt ihr ein neues Video erstellt mit dem Titel: „Wie ist es eigentlich, Gastfamilie zu sein“. Bilder erzählen mehr als tausend Worte, aber wenn du es beschreiben müsstest: Wie ist es denn, Gastfamilie zu sein?
Es ist sehr viel! Wenn man sich einen jungen Menschen ins Haus holt, ist das natürlich auch ein bisschen Stress. Aber oft auch positiver Stress. Über Weihnachten war beispielsweise Adrian aus Mexiko (Austauschschüler 2001/02), der inzwischen in Bayern lebt, mit seinen drei Kindern hier zu Besuch. Das war natürlich trubelig und auch mal stressig – aber gleichzeitig auch sehr schön. Außerdem sage ich oft, dass YFU mich jung gehalten hat. Als Gastfamilie hast du Kontakt zu jungen Leuten, schaust über den eigenen Tellerrand und nimmst auch nochmal Herausforderungen an. Denn man muss auch immer mal wieder Hürden überwinden, aber am Ende bleibt doch überwiegend Positives. Seit wir Gastfamilie sind, haben wir zudem unglaublich viel über andere Länder, Kulturen und Menschen gelernt – oft auch Dinge, die wir sonst wohl nie erfahren hätten. Und, was vielen gerade beim ersten Mal oft nicht so bewusst ist: Gastfamilie zu sein hört in den allermeisten Fällen nicht nach einem Jahr auf. Das ist eine Erfahrung fürs Leben. Diese Woche habe ich zum Beispiel noch einen Telefontermin mit Indra aus Brasilien, die 2008/09 bei uns war; und mit Pedro, unserem ersten (Gast-)Sohn von YFU, habe ich letzte Woche gesprochen.