YFU-Blog
Aktuelles aus Verein und Austauschwelt
Meike hat 1992/93 ein YFU-Austauschjahr in den USA verbracht. Während ihrer Zeit in St. Louis, Missouri hat sie viele Herzensmenschen kennengelernt, die noch heute Teil ihres Lebens sind - und von denen eine sogar ihren Namen trägt. Was es damit auf sich hat und wie sich die Wege mit ihrer Familie und der ihrer Namensvetterin auf der anderen Seite des Atlantiks bald wieder kreuzen werden, verrät sie uns im Interview über ihre persönliche "YFU-Herzensgeschichte".
Liebe Meike, wann und wo warst du im Austausch und wie sah deine Gastfamilie aus?
Ich war 1992/93 in St. Louis, Missouri (USA). Meine Familie bestand aus meinen Gasteltern und einer drei Jahre jüngeren Schwester. Mit meiner Gastmutter besteht bis heute ein sehr enger Kontakt. Wir haben uns gegenseitig x-mal besucht. Sie war unter anderem zu meinem Abi, meiner Hochzeit und kurz nach den Geburten meiner beiden Kinder hier. Und gerade letzten Monat war sie wieder zu Besuch bei uns in Hamburg.
Du hast uns auf einen Instagram-Aufruf hin etwas besonders Schönes zu deinem YFU-Austausch geschrieben. Erzähl doch mal, wie es dazu kam.
Meine Freundin Missy habe ich an der Highschool in unserem gemeinsamen Kurs "American History" kennengelernt. Sie sagt immer, ich sei ihr direkt am ersten Schultag aufgefallen, weil ich beim Reinkommen alle so freundlich gegrüßt habe, was anscheinend ziemlich unüblich war. Weil unser Geschichtslehrer die Sitzordnung alphabetisch nach den Nachnamen der Schüler vornahm und unsere Namen auf der Liste direkt hintereinander kamen, saß sie das ganze Jahr über hinter mir, und wir freundeten uns an. Über Missy landete ich in der Theatergruppe der Schule und lernte ihre Clique kennen, mit der wir zum Beispiel zusammen ins Kino oder in die Mall gingen, mit Missys riesigen amerikanischen Straßenkreuzer "herumcruisten" und in der Schule gemeinsam Lunch aßen. Zu Prom gingen Missy und ich als „Double Date“ mit einem Zwillingspaar namens Tim und Tom.
Seit dem Austauschjahr haben wir uns einige Male an ganz verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Lebensphasen wiedergesehen, zum Beispiel als ich sie an ihrem College in Michigan besuchte oder als sie nach einem Auslandssemester in Israel auf dem Rückweg bei mir in Deutschland Station machte. Später haben mein Mann und ich in unseren Flitterwochen auch bei Missy und ihrem Mann im mittleren Westen der USA vorbeigeschaut.
14 Jahre nach unserer Highschool Graduation bekam Missy, die inzwischen mit ihrem Mann nach New Brunswick, einer Provinz an der Ostküste Kanadas gezogen war, ihr erstes Kind: Eine Tochter und nannte sie … Meike! Ich erinnere mich noch an den Brief, in dem sie mich fragte, ob mir das denn überhaupt recht sei, aber ihrem Mann und ihr gefalle der Name einfach so gut. Ich war total überrascht und sprachlos. Baby Meike wurde mir dann kurze Zeit später stolz per Skype präsentiert, und ich bin bis heute zutiefst gerührt über diese große Ehre. Eigentlich kann ich es noch immer nicht fassen, dass da seit mittlerweile 16 Jahren ein US-amerikanisches Mädchen in Kanada lebt, das meinen Namen trägt. Wie oft sie wohl erklären muss, woher der Name kommt und wie er richtig ausgesprochen wird (in meinem Austauschjahr hatte die Lokalzeitung in einem Artikel über mich und meine Gastfamilie das lautsprachliche „Micah“ als Aussprechhilfe hinter meinen Namen geschrieben)?
Missy und ich haben uns dann während der „Rushhour des Lebens“, als wir beide mit kleinen Kindern, Arbeit und den üblichen Lebens-Herausforderungen beschäftigt waren, ein wenig aus den Augen verloren. Und so haben Klein-Meike und ich uns bisher auch noch nicht näher kennengelernt, geschweige denn persönlich getroffen. Aber während des Corona-Lockdowns haben Missy und ich wieder angefangen, uns Nachrichten zu schreiben. Und seit Kurzem ist die Wahrscheinlichkeit für noch mehr und intensiveren Kontakt rasant gestiegen. Denn meine Tochter wird ab dem kommenden September ein Austauschjahr mit YFU machen – und zwar ausgerechnet in New Brunswick, der kanadischen Provinz, in der Missy und ihre Familie leben. Das ist eigentlich ein Zufall, aber vielleicht hat das Schicksal da doch ein bisschen seine Hand im Spiel? Vielleicht kommt ja ein Treffen vor Ort zustande. Und meine Tochter würde dann meine Freundin Missy und meine Namensvetterin Meike kennenlernen – 32 Jahre nachdem Missy und ich uns das erste Mal in der Highschool begegnet sind.
Was für eine schöne Geschichte! Wenn du zurückblickst: Was würdest du sagen, wie dein Austauschjahr dein weiteres Leben beeinflusst hat?
Mein Austauschjahr hat mein Leben enorm beeinflusst. Ich habe Herzensmenschen kennengelernt, mit denen ich bis heute in Kontakt bin. Es haben sich daraus weitere Reisen und Auslandsaufenthalte ergeben, die sonst sicherlich nicht so zustandegekommen wären. Dass ich Psychologie studiert habe, hat auch viel damit zu tun, dass ich die Unterschiedlichkeit von Menschen, von Lebensstilen und von Sichtweisen so grundlegend und immersiv erlebt habe, was mein tiefes Interesse am Verhalten und Erleben von Menschen befeuert hat. Ich habe durch das Jahr außerdem gelernt, meine Gefühle besser auszudrücken, offener, mutiger und selbstbewusster auf andere zuzugehen.
Vielen Dank für das Interview, liebe Meike!
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