Christian hat 1995/96 mit YFU ein Austauschjahr in den USA verbracht und sich danach lange für den Verein engagiert. Seitdem hat er über YFU viele wunderbare Menschen kennengelernt, die sein Leben bis heute begleiten - und einen ganz besonderen schon 1995 an seiner High School in Colorado, USA. Wir haben mit Christian über seine persönliche YFU-Geschichte mit wunderbarem Happy End gesprochen.
Lieber Christian, wann und wo warst du im Austausch?
Ich habe 1995/1996 mit YFU ein Austauschjahr in Colorado, USA verbracht und dort die Smoky Hill High School besucht. Es war eine Schule mit sehr vielen Austauschschülern und Immigranten und man hat sich sehr liebevoll um die Integration aller bemüht. Meine Gastfamilie wohnte in einem anderen Schuldistrikt, legte aber großen Wert auf Smoky Hill, da ihre eigenen Kinder dort gewesen waren – also ein großer Zufall, dass ich dorthin gekommen bin. Dass ich mich überhaupt für ein Austauschjahr in den USA entschied, habe ich übrigens vor allem meiner Familie zu verdanken: Geboren und aufgewachsen bin ich in der Rhön in Südthüringen, hinter dem Eisernen Vorhang (nur 5 km) und die USA waren der „Klassenfeind“. An dieser Stelle ein großer Dank an meine Eltern und Großeltern für die weltoffene Prägung!
Du hast im Austauschjahr einen ganz besonderen Menschen kennengelernt…
Ich habe meine Frau Veronica im Austauschjahr kennengelernt. Wir hatten gemeinsam US-History Unterricht, haben an Aktivitäten des „American Friends Club“ an Nachmittagen und Wochenenden teilgenommen und unsere Spinte waren im gleichen Gang. Von August bis Januar waren wir aber nur Bekannte mit ähnlichem Freundeskreis. Irgendwann wurde ich dann immer sehr herzlich umarmt – das hat mich dann sogar irgendwann (ganz deutsch) etwas genervt. Ich bat sie, das zu lassen – und wenig später fehlte es mir dann… Das war der Beginn unserer Freundschaft und der Grundstein einer langen Geschichte. Veronica war dann auch mein „Prom-Date“ auf dem Abschlussball der High School und ich habe zum Ende meines Austauschjahres sehr viel Zeit mit ihr und ihrer Familie verbracht.
Wie ging es dann nach deinem Austausch weiter?
Die Rückkehr nach Deutschland war extrem schwer – wie für die meisten Austauschschüler, die „zu viel“ Spaß in ihrer zweiten Heimat hatten. Ich wollte nicht hier sein und dennoch konnten Veronica und ich nicht zusammen sein: Sie war 17 und ich 19 geworden, dazwischen lag ein Ozean, teure Flugtickets und mein Abitur. E-Mails in Deutschland steckten in den Kinderschuhen, eine Minute telefonieren kostete 0,50€ und WhatsApp/Videotelefonie gab es noch nicht.
Irgendwann suchten wir uns beide neue Freundschaften, wenn auch der Traum im Inneren weiterlebte. So hielten wir über den gemeinsamen Freundeskreis aus internationalen Austauschschülern Kontakt. Bei jedem Besuch in den USA verstanden wir es, ganz flüchtig und locker ein Treffen zu arrangieren – was jedes Mal ein hoffnungsloses Gefühlschaos in uns beiden verursachte – und wir merkten, da ist etwas, was uns weiterhin verbindet und wir werden es nicht los.
Viele Beziehungen und Studium und Jobs und YFU-Veranstaltungen später schrieben wir das Jahr 2006 – das „Fußball-Sommermärchen“ in Deutschland. Veronica hatte Tickets für ein Spiel im Juni in Leipzig. Wie es der Zufall will, wohnte ich zu der Zeit in Leipzig und wir waren auch beide Singles. Ich bot mich als Begleiter und Gastgeber an – und dann war es erneut um uns geschehen. Wir flogen gemeinsam weiter nach Paris. Im August war dann noch Klassentreffen in den USA und ich durfte bei Veronica zwei Wochen wohnen - sechs Monate später waren wir verlobt und Ende März 2007 wurde in Colorado standesamtlich geheiratet, 2008 dann mit der ganzen Familie und Freunden in Mexiko am Strand. Wir leben seit Sommer 2007 in Berlin, haben drei aufgeweckte, aktive Mädchen (10,12,13), die in einem trilingualem Kultur-Chaos aufwachsen (Deutschland, USA, Mexiko). Seit 2022 ist noch Hund Snoopy aus Kalifornien von einer Tante dazu gekommen (geboren in Mexiko) – er ist mittlerweile auch dreisprachig.
Reist ihr regelmäßig in die USA?
Gerne wären wir jedes Jahr einmal mit den Kindern in den USA/Mexiko, jedoch ist das nicht möglich aufgrund der Flugpreise und allem Drum und Dran. Auch haben die Kinder mittlerweile ihre eigene Meinung und möchten andere Länder kennenlernen. Meine Schwiegermutter kommt allerdings jedes Jahr einmal zu uns, um die Mädchen zu sehen. Letzten Dezember (2023) waren wir dann zum ersten Mal gemeinsam zu Weihnachten in den USA (davor 2019 und 2022 im Sommer). Nach einigem Chaos mit abgelaufenen Pässen und verschobenen Flügen saßen wir aber schließlich pünktlich zur Familienweihnachtsfeier am Nachmittag alle gemeinsam am Baum.
Du hast dich nach deinem Austausch lange ehrenamtlich für YFU engagiert. In welchem Bereich warst du aktiv?
Begonnen habe ich 1997 mit Öffentlichkeitsarbeit und als Betreuer in Thüringen; mich dann über Regionalvertreter zum Landesvertreter gemausert. Nachbereitungstagungen, Vorbereitungstagungen, Zelten, Stammtische, YES, Praktikum in der alten Geschäftsstelle in Hamburg und bei YFU Australien und vieles mehr – das hat mir ALLES viel Freude bereitet. In den vielen YFU-Seminaren, Schulungen, Tagungen etc. konnte ich als recht junger Erwachsender in einem geschützten Bereich sehr viel lernen, ausprobieren und Verantwortung übernehmen. Davon profitiere ich heute noch sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld. Mit Gründung der eigenen Familie habe ich mich aus der aktiven Phase weitgehend zurückgezogen. Einen mexikanischen YFU-Sprachschüler hatten wir aber mal bei uns in Berlin – das war auch sehr lustig!
Nach wir vor bin ich sehr begeistert von YFU und dessen Werten. Ich pflege meine (internationalen) YFU-Freundschafen in Brasilien, Italien, den USA, Australien, Japan und deutschlandweit – insbesondere zu meinem estnischen Gastbruder Janar und meiner ungarischen Gastschwester Dorá. Sie sind beide ein fester Bestandteil meiner Familie. Der Kontakt zu meiner Gastfamilie in Colorado besteht auch noch.
Mit welchem Gefühl blickst du auf dein Austauschjahr zurück?
Zunächst einmal bin ich sehr froh, dass ich das Abenteuer gewagt habe und wagen durfte. Die Erfahrung meiner Cousine bei einem Städteaustausch hat mich motiviert, mich zu bewerben; das PPP-Stipendium hat es finanziell ermöglicht. Zum anderen bin ich unendlich dankbar für die vielen Begegnungen mit einzigartigen Menschen auf der ganzen Welt – und alles hat mit einem Bewerbungsgespräch 1994 in Weimar mit YFU seinen Anfang genommen.
Jedes Jahr feiern wir hier in meiner Familie in Berlin Thanksgiving und laden deutsche, österreichische, ungarische und amerikanische Freunde ein. Dann sagen wir alle der Reihe nach, wofür wir dankbar sind – das ist sehr ungewohnt im Alltag für die meisten von uns, aber wie ich finde, eine Tradition, die man für sich oder mit Partner/Partnerin auch kurz vor dem Einschlafen viel öfter machen sollte. Die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen, mit Freunden „zu spinnen“, und von Herzen aus einander zu begegnen, das ist mein Anspruch und mein Wunsch für uns alle.