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YFU-Blog

Aktuelles aus Verein und Austauschwelt

A blast from the past - Ein Bericht über ein ganz besonderes Wiedersehen

2. Oktober 2023

Ich möchte hier von einem Besuch erzählen, den meine Frau und ich im August dieses Jahres (2023) erhielten. Meine amerikanische Gastschwester und ihr Ehemann haben uns besucht: Marty und Larry aus Ohio. Ein solcher Besuch ist im Allgemeinen wohl nichts Ungewöhnliches für YFU-Alumni, aber in diesem Fall vielleicht doch. Denn mein Austauschjahr war 1974/75, Marty und ich sind jetzt beide 65 Jahre alt, und ich habe auf diesen Besuch 47 Jahre gewartet!

 

Ich habe meine Gastfamilie seit 1975 insgesamt sieben Mal besucht. Meist waren dies gemeinsame Sommerurlaube, bei denen wir uns für eine Woche ein Ferienhaus am Strand von North Carolina, auf den Outer Banks, geteilt haben. Seitdem ich verheiratet bin, war auch meine Frau immer mit dabei. Über die Jahre hinweg gesellten sich erst Martys immer größer werdende und nun längst erwachsene Kinder hinzu, dann deren Ehepartner und schließlich deren Kinder, so dass wir bald eine große Gruppe wurden: Vier Generationen deutsch-amerikanisch in einem Ferienhaus. Wenn wir uns trafen, war es immer, als ob man genau dort anschloss, wo man zwei, drei oder mehr Jahre zuvor aufgehört hatte. Wie Larry einmal sagte, als wir in Nag’s Head auf der Dachterrasse saßen und den Sonnenuntergang genossen: „Gosh Kay, I can’t believe it’s been 30 years, it feels like it was yesterday.“ Dazu muss man wissen: Larry war bereits mit Marty zusammen, als Marty und ich 1974/75 zusammen auf die Vandalia Butler Senior High School gingen.

 

Zwischen diesen Besuchen hatte ich in den vielen Jahren telefonisch oder brieflich eher nur sporadischen Kontakt mit meiner Gastmutter und -schwester, aber seitdem wir alle WhatsApp nutzen, stehen wir in häufigem Austausch, mit meiner Gastmutter chatte ich zeitweise sogar täglich. So war meine amerikanische Gastfamilie für mich immer ein wichtiger Teil meines Lebens.

 

Meine Gastfamilie – das muss ich noch erwähnen - war insofern etwas Besonderes, als sie in meinem Austauschjahr noch einen zweiten Austauschschüler aufgenommen hatte: Johan aus Schweden. Und das, obwohl mein Gastvater einfacher Fabrikarbeiter war und das Geld im Hause durchaus knapp war. Auch Johan und ich haben über die Jahre hinweg Kontakt gehalten, wir haben uns geschrieben, telefoniert und öfter getroffen.

 

Meine Gastmutter hat uns in all diesen Jahren einmal besucht (2005), meine Gastschwester Marty ebenfalls einmal (1976). Umso mehr haben wir uns gefreut, dass Marty und Larry uns in diesem Sommer – endlich, nach 47 Jahren! – für zwei Wochen besuchen konnten. Meine Frau und ich hatten uns dafür ein kleines Programm überlegt, denn wir wollten nicht nur bei uns am Strand „abhängen“, über alte Zeiten klönen und deutsches Bier trinken, sondern Marty und Larry sollten auch etwas von Deutschland sehen. Larrys Herzenswunsch war dabei, an einer Werkstour bei VW in Wolfsburg teilzunehmen, denn er verkauft seit fast 50 Jahren VW-Ersatzteile im Mittleren Westen. Diesen Wunsch konnten wir leicht erfüllen. Auf dem Weg dorthin haben wir noch einen Tag in Quedlinburg verbracht, diesem schönen mittelalterlichen Ort im Harz, dessen Häuser älter sind als die Vereinigten Staaten von Amerika. Zum Abschluss der Rundreise waren wir dann noch ein paar Tage in Berlin, was reichlich Gelegenheit gab, auch über deutsche bzw. europäische Geschichte und das jeweilige Staatswesen zu sprechen – was Amerikanern zumeist gänzlich unbekannt ist. Neben dem obligatorischen Besuch der Reichstagskuppel, des Schlosses Sanssouci und des Ku'damms haben wir das gute Sommerwetter genossen und sind durch Berlin gebummelt, haben über uns, unsere Familien, über Politik, Europa, USA und die Welt im Allgemeinen geredet, landestypisch gespeist und so manches Getränk probiert.

 

Marty und Larry sind vor dieser Reise nie außerhalb des nordamerikanischen Kontinents gewesen, sie haben nie eine große Hafenstadt besucht, sie waren nie in einem klassischen Konzert, und sie haben nie spanische Tapas gegessen – in diesen Dingen konnten wir Abhilfe schaffen (u.a. durch einen Ausflug nach Hamburg mit Besuch der Elbphilharmonie).

 

Zum Abschluss dieser zwei Wochen sind dann noch Johan und seine Frau von Stockholm herübergekommen, und so waren wir ein paar Tage lang zu sechst, wie in alten Zeiten, aber jetzt „mit Anhang“. Das hätten wir uns damals sicherlich nicht träumen lassen.

 

Für nächstes Jahr haben Marty und Larry, meine Frau und ich uns wieder auf den Outer Banks verabredet. Und für 2025 haben wir eine gemeinsame Rundreise durch Bayern und Österreich angedacht – denn ich finde, jeder Amerikaner sollte "Cinderella’s Castle" einmal im Original sehen. Ich hoffe sehr, dass die Gesundheit meiner Gastmutter (sie ist mittlerweile 86 Jahre alt und seit kurzem verwitwet) erlauben wird, dass sie nächstes Jahr wieder mitkommen kann auf die Outer Banks.

Wir freuen uns auf das nächste Jahr!

 

Kay Felgentreu, YFU Austauschjahr 1974/75 in den USA

Wiedersehen 2023: YFU-Alumnus Kay Felgentreu (rechts) mit seiner Gastschwester Marty und deren Ehemann Larry.

Wiedersehen 2023: YFU-Alumnus Kay Felgentreu (rechts) mit seiner Gastschwester Marty und deren Ehemann Larry.

Austauschjahr 1974/75: Kay, Marty und Johan aus Schweden (v.r.n.l.)

Austauschjahr 1974/75: Kay, Marty und Johan aus Schweden (v.r.n.l.)

Wiedersehen der Gastgeschwister in Hamburg: Johan (links) und Marty mit Ehemann.

Wiedersehen der Gastgeschwister in Hamburg: Johan (links) und Marty mit Ehemann.

A blast from the past: Marty, Johan und Kay (v.l.n.r.).

A blast from the past: Marty, Johan und Kay (v.l.n.r.).

Besuch nach dem Austauschjahr