YFU-Blog
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Natürlich – und trotzdem. Das sind zwei der Wörter, über die Mingzhang Li, genannt Eric, am meisten nachgegrübelt hat, seit er im Sommer 2022 sein Austauschjahr in Deutschland begonnen hat. „Es ist faszinierend, in wie vielen Zusammenhängen und mit welchen Bedeutungen man diese Wörter verwenden kann“, erklärt Erics Gastmutter, Kate Harbeck, und lacht. „Unsere jüngste Tochter Hannah sagt gerade sehr oft ,trotzdem‘ – aber erst durch Erics Nachfragen ist uns aufgefallen, was das alles heißen kann.“
Familie Harbeck aus Berlin hat sich entschieden, den 16-jährigen Schüler aus China bei sich aufzunehmen, weil die eigene älteste Tochter Sarah ein Auslandsjahr mit YFU in Frankreich verbringen wollte. „YFU hatte uns empfohlen, auch gleichzeitig jemanden aufzunehmen,“ erzählt Gastvater Thomas Harbeck. „Und dann war da auch Neugier – wir konnten ja wegen unserer beiden jüngeren Kinder nicht selbst weg. Da wollten wir uns ein Stück weite Welt nach Hause holen“, ergänzt Kate Harbeck.
Am Anfang musste sich die Familie – natürlich – erst an das neue Familienmitglied gewöhnen, viel wurde auf Englisch kommuniziert. Wie ist das in Deutschland, wie in China? Es gab sehr viele Themen zu besprechen, auch über kulturelle Unterschiede und Politik. Anfangs war Eric noch etwas zurückhaltend, das habe sich aber verändert – er sei viel offener geworden, findet die ganze Familie, und Eric selbst nickt zustimmend.
Nach und nach wurde es schließlich normal, dass Eric zur Familie gehört. „Jetzt ist er einfach da“, sagt Kate Harbeck. „Er war vorher im Internat und ist dadurch schon viel selbstständiger als unsere eigenen Kinder.“ Was ihr besonders gut gefällt: „Eric hält sein Zimmer viel besser in Ordnung, er räumt von sich aus regelmäßig auf. Und sein Humor!“
Eric selbst fühlt sich bei seiner Gastfamilie mit seinen Gasteltern, seinen zwei jüngeren Gastgeschwistern und den Katzen und Hunden ausgesprochen wohl. Inzwischen hat er sich auch an das deutsche Essen gewöhnt. Am Anfang gab es für seinen Geschmack viel zu viel Brot: „Frühstücksbrot, Abendbrot – immer Brot!“ Aber jetzt geht es.
Besonders gern isst er den selbst gebackenen Karotten- und Käsekuchen. „Und er hat sogar Nutella probiert“, erzählt Kate Harbeck, und die ganze Familie muss lachen. „Das fand ich am Anfang viel zu süß“, erklärt Eric, „aber jetzt – ja, ganz lecker!“
Ein Highlight des Zusammenlebens war das chinesische Neujahrsfest, das Familie Harbeck im Januar 2023 gemeinsam mit Eric gefeiert hat, um das „Jahr des Hasen“ zu begrüßen – inklusive original chinesischer Dekoration, die Erics Mutter aus China extra geschickt hatte. Zudem hatte Eric, der gern kocht, chinesisches Essen für die ganze Familie zubereitet. „Das war etwas ganz Besonderes“, ist die Familie sich einig, auch der 12-jährige Gastbruder Paul.
Essen, das ist ein großes gemeinsames Thema. „Meine Küchenschränke sind jetzt ganz anders gefüllt“, erzählt Kate Harbeck. „Als erstes musste ein Reiskocher her! Dann Sojasauce, neue Gewürze und Chili.“
Ein lustiger Moment war es auch, als Eric zum ersten Mal die normalen, aus seiner Sicht aber viel zu kleinen Reispäckchen aus dem deutschen Supermarkt gesehen hat. Nur 250 Gramm Reis, für wen kann das denn reichen? Im chinesischen Supermarkt gibt es Reis gleich im 25-Kilo-Sack!
Auch an seiner Berliner Schule kommt Eric gut zurecht. Im Vergleich zu China findet er die Anforderungen im Unterricht hier leichter und weniger stressig, dafür sei die deutsche Schule aber insgesamt innovativer. Er hat in den letzten Monaten sehr viel Deutsch dazu gelernt – nicht nur die Wörter „natürlich“ und „trotzdem“.
Eric gefällt es insgesamt in Deutschland so gut, dass er plant, nach seinem Austauschjahr wieder in die Nähe von Berlin zurückzukommen und hier einen internationalen Abschluss zu machen. Familie Harbeck und er wollen dann trotzdem weiter in Kontakt bleiben und zusammen Käsekuchen essen – natürlich!
Ein Gespräch mit YFU-Gastfamilie Harbeck und ihrem Gastsohn Eric aus China.
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