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Erfahrungen, die unbezahlbar sind: Sophias Jahr in Brasilien

18. September 2024

Als ich bei meiner Gastfamilie ankam, war ich überglücklich, sie endlich in echt zu sehen. Der Tag, an dem ich ankam, war brasilianischer Vatertag, deshalb hat sich Abends die ganze Familie (Onkels, Tanten, Cousins, Oma, Opa) zum Abendessen getroffen, und ich habe direkt jeden kennengelernt. Obwohl ich noch kein Wort Portugiesisch konnte und etwas überfordert war, hat mich die Familie direkt herzlich aufgenommen und behandelt, als gehöre ich dazu. Im Laufe der Zeit wurde ich mit allen immer enger und jeder von ihnen hat einen Platz in meinem Herzen bekommen. Meine Gastfamilie besteht aus meinen Eltern, zwei Schwestern (18, 14) und einem kleinen Bruder (12). Da meine ältere Gastschwester gerade zusammen mit ihrem Freund ein Haus baut und dieses noch nicht fertig ist, leben die beiden ebenfalls mit uns zu Hause.

 

Portugiesisch: Ein Sprung ins kalte Wasser

 

Bevor ich in Brasilien angekommen bin, konnte ich kein Wort Portugiesisch. Somit mussten wir uns hauptsächlich mit Übersetzung-Apps verständigen. Um ehrlich zu sein, hätte ich vorher nicht geglaubt, dass ich am Ende wirklich Portugiesisch sprechen kann. Und wenn mich jemand fragt, wie ich es gelernt habe, kann ich auch keine gescheite Antwort geben. Es war nie so, dass ich mich hingesetzt habe und wie in der Schule strikt Vokabeln und Grammatik gelernt habe. Aber dadurch, dass alle um einen herum durchgehend Portugiesisch reden und alles auf Portugiesisch ist (Fernsehen, Bücher, Straßenschilder, Lebensmittel), fängt man irgendwann an, einige Wörter wiederzuerkennen, weil man sie öfter sieht/hört, und man kann sich dann den Kontext erschließen, bis man alles versteht. So habe ich die Sprache in zehn Monaten gelernt zu sprechen.

 

Kein Tag ohne Reis

 

Brasilianer haben die Angewohnheit, jeden Tag Reis mit Bohnen zu essen. Und das ist kein Witz, wenn ich sage: Ich habe dieses Jahr jeden Tag Reis gegessen. Natürlich gibt es dann auch ab und zu Beilagen, wie zum Beispiel Fleisch oder Salat, aber es werden hauptsächlich Bohnen gegessen. Natürlich ist jede Familie verschieden und es kann sein, dass es bei anderen Familien anders ist, aber meine – beziehungsweise glaube ich die meisten Familien – essen so jeden Tag. Brasilianer LIEBEN es zu grillen, was hier, als „churrasco“ bezeichnet wird, fast jedes Wochenende kommen alle zusammen und grillen gemeinsam. Anders als in Deutschland ist „churrasco“ nicht einfach nur Grillen: Es ist ein richtiges Ereignis. Anders als in Deutschland hat nicht jeder seinen eigenen Teller, sondern das ganze Fleisch wird in die Mitte des Tischs gestellt und jeder nimmt sich davon. Es ist also eine sehr gemeinsame Sache. Ich war nie so ein großer Fan von Grillen – aber jetzt liebe ich es! Hier in Brasilien gibt es außerdem die besten Desserts, zum Beispiel „brigadeiro“, was zu jedem Geburtstag in vielen verschiedenen Variationen serviert wird. Es ist eine Masse aus Kondensmilch und Kakao, die gekocht wird, bis es eine dickflüssige Masse entsteht. Und wenn es etwas abgekühlt ist, kann man es zu Kugeln rollen. Anstatt dem Kakao können auch andere Dinge wie Erdnüsse, „leite ninho“ (Milchpulver) oder Erdbeerpulver verwendet werden.

 

Ein Traum wird wahr

 

Wenn man an Brasilien denkt, denkt man wahrscheinlich an ein Land, in dem es immer warm ist – und das stimmt auch in den nördlichen Regionen Brasiliens. Ich lebe weiter im Süden, im Staat Santa Catarina, und hier wird es auch kälter. Man kann diese Kälte natürlich nicht mit dem deutschen Winter vergleichen, aber es ist auf jeden Fall nicht mehr heiß. Im Sommer jedoch war es sehr heiß, und da ich – wovon ich immer geträumt habe – am Strand lebe, konnte ich jeden Tag ans Meer gehen. Ich habe dieses Jahr so viele verschiedene Strände und die schönsten Sonnenuntergänge gesehen.

 

Schule: Eine Umgewöhnung

 

Da ich sehr an das deutsche Schulsystem gewöhnt bin, wo alles seinen Platz und seine Ordnung hat, war es krass zu sehen, wie anders alles hier abläuft. Bei mir an der Schule ist es nicht so schlimm, wenn man mal einfach mitten am Schultag nach Hause geht, weil man andere Sachen zu tun hat; und man ist auch nicht verpflichtet, am Nachmittagsunterricht anwesend zu sein. Generell ist das Verhältnis zwischen den Lehrern und Schülern sehr freundschaftlich, so dass die Schüler zum Beispiel auch in der Freizeit mit unserer Mathelehrerin Volleyball spielen gehen. Am Anfang war es sehr ungewohnt für mich. Aber jetzt verstehe ich mich mittlerweile mit meinen Lehrern genauso gut, und ich werde sie sehr vermissen, wenn ich wieder zurück in Deutschland bin.

 

Belo Brasil

 

Belo Brasil ist eine Organisation, die viele Trips in Brasilien organisiert und diese für Austauschschüler anbietet. Es sind eine Menge Trips, die zur Auswahl stehen, also ist bestimmt für jeden etwas dabei. Auch wenn die Reisen etwas teurer sind, sage ich: Jeder Cent lohnt sich! Ich selbst habe zwei Trips mitgemacht, einmal nach Rio de Janeiro und einmal die Reise in den Amazonas. Es waren zwar unglaubliche Reisen, wo ich so viele schöne Dinge erlebt habe, aber auch unfassbar tolle Freundschaften geschlossen habe. Was ich zum Beispiel in Rio sehr gut fand, war, dass alles zwar betreut war, wir aber trotzdem immer genug Freizeit hatten, um uns selbst zu bewegen. Die Gruppe musste nicht die ganze Zeit am selben Fleck zusammen sein. Es war so schön, eine Stadt zu sehen, von der viele träumen, sie einmal zu besuchen. Jetzt kommen wir aber zu dem Highlight meines Auslandsjahres: Der Amazonas. Auf diese Reise habe ich mich so sehr gefreut, und als es endlich so weit war, konnte ich gar nicht realisieren, wirklich dort zu sein. Wir waren dort für neun Tage und haben von einem indigenen Stamm bis zu vielen Tieren wirklich alles gesehen. Wir haben Faultiere gesehen, sind mit Delfinen geschwommen, haben Ameisen probiert und ich hatte sogar einen Alligator in der Hand. Es war unglaublich und am Ende beider Reisen waren alle so gut befreundet, dass jeder länger bleiben wollte und viele Tränen geflossen sind.

 

Das komplette Jahr war voller Erfahrungen, die wirklich unbezahlbar sind, und mich als Person auch reifer und stärker gemacht haben. Ich bin so dankbar für all das, was ich erleben konnte.

 

Sophia (Mitte) hat ihr YFU-Austauschjahr in Brasilien verbracht.

Sophia (Mitte) hat ihr YFU-Austauschjahr in Brasilien verbracht.

Ein Highlight: Sophia auf ihrer Amazonas-Reise

Ein Highlight: Sophia auf ihrer Amazonas-Reise

Wunderschöne Sonnenuntergänge inklusive: Ein Austauschjahr in Brasilien

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Austauschschülerin in Brasilien