Wie steht es fünf Jahre nach der Pandemie um den Jugendaustausch in Bayern? Diese Frage stand im Zentrum des Fachgesprächs am 21. Januar, zu dem der Europaausschuss im Bayerischen Landtag die Initiative „Austausch macht Schule“, YFU, den Bayerischen Jugendring (BJR), die Stiftung Jugendaustausch Bayern sowie die bildungs- und jugendpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen des Bayerischen Landtags eingeladen hat. Die Antwort war schnell gefunden: ziemlich gut! Ein Blick auf die Teilnehmendenzahlen der letzten Jahre zeigt einen erfreulichen Trend. Denn in Bayern gibt es aktuell mehr Teilnehmende an Austauschprogrammen als vor der Pandemie – ein Erfolg, der nicht selbstverständlich ist. Zwar nehmen bundesweit wieder mehr Jugendliche an Austauschprogrammen teil, doch das Vor-Corona-Niveau ist noch nicht erreicht.
Bayern als Vorreiter im Jugendaustausch
Dass Bayern in Sachen Jugendaustausch eine Vorreiterrolle einnimmt, ist den guten Strukturen für die Förderung von Austausch zu verdanken. Ein zentraler Baustein ist der Bayerische Jugendring (BJR) und sein leidenschaftlicher Einsatz. Der BJR ist die zentrale Anlaufstelle für den schulischen und außerschulischen Austausch in Bayern. Seit den 1950er Jahren fördert, berät und ermöglicht er den Austausch als übertragene Staatsaufgabe. Gerade nach der Pandemie war es eine herausfordernde, aber unverzichtbare Aufgabe, Austauschangebote wieder zu reaktivieren. Denn Austausch bedeutet mehr als eine Reise – er ist eine einzigartige Erfahrung, die junge Menschen nachhaltig prägt. BJR-Leiter Philipp Seitz fasst es treffend zusammen: „Der schulische und außerschulische Austausch ist ein sehr effektives Mittel zur Persönlichkeitsentwicklung und Demokratie-Bildung junger Menschen. Sie können einen Blick über den Tellerrand werfen, interkulturelle Kompetenzen erhalten und engagieren sich aufgrund dieser nachhaltigen Erfahrungen aktiv für eine friedliche Welt und den internationalen Dialog. Manche Freundschaften aus den Austauschen halten ein Leben lang, das ist eine unbezahlbare Erfahrung!“
Gezielte Förderung macht den Unterschied
Um jungen Menschen in Bayern nach der Pandemie wieder verstärkt Austauschprogramme zugänglich zu machen, wurde 2021 die „Stiftung zur Förderung des internationalen Jugendaustausches in Bayern“ für zehn Jahre im Geschäftsbereich der Bayerischen Staatskanzlei gegründet. Dieser Schulterschluss zwischen Politik, Organisationen und engagierten Menschen hat viel bewirkt. Mirjam Eisele, Geschäftsführerin der Stiftung Jugendaustausch Bayern, beschreibt es so: „Ein solides Haus erfordert ein stabiles Fundament – und genau das haben wir durch unsere Programme und Partnerschaften gelegt. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Jugendring, Youth for Understanding e. V. und ‚Austausch macht Schule‘ konnten wir eindrucksvoll demonstrieren, welches Potenzial im internationalen Jugendaustausch steckt.“
Politische Unterstützung als entscheidender Faktor
Für YFU nahm die stellvertretende Geschäftsführerin Jantje Theege an dem Fachgespräch teil und hob insbesondere die unermüdliche Unterstützung durch die bayerischen Ministerien für den individuellen Jugendaustausch hervor: „Besondere Anerkennung durch die Politik in Bayern erfährt der langfristige gemeinnützige Jugendaustausch. Das Kultusministerium fördert etwa die Teilnahme an einem Austauschjahr durch das Programm ‚Botschafter Bayerns‘. Außerdem trägt die finanzielle Unterstützung des Kurzaustausches ‚USA for you‘ aus Fördermitteln der Stiftung Jugendaustausch Bayern dazu bei, Jugendlichen, die sich bisher keine Teilnahme an einem Austausch vorstellen konnten, einen Zugang zu solchen wertvollen Lernerfahrungen zu ermöglichen.“
Herausforderungen und Chancen
Dieses erfolgreiche Zusammenwirken aller Akteur*innen hat es ermöglicht, dass aktuell so viele Jugendliche in Bayern wieder die Möglichkeit haben, eine Austauscherfahrung zu sammeln. Doch trotz aller Erfolge gibt es noch Herausforderungen: Die gestiegenen Preise in der Reisebranche setzen die internationale Jugendarbeit unter Druck, und nach wie vor erreicht der Austausch nicht alle Jugendlichen. Doch es gibt vielversprechende Lösungen. Jantje Theege sieht vor allem im europäischen Raum große Chancen: „Gerade europäische Förderprogramme wie Erasmus+ könnten den internationalen Schülerinnenaustausch nachhaltig stärken und noch inklusiver gestalten. Doch dafür müssen Schulen, gemeinnützige Anbieter und Politik eng zusammenarbeiten – und es braucht mehr Flexibilität in den Förderstrukturen.“
Gemeinsam die Zukunft gestalten
Der einstimmige Appell der Runde im Europaausschuss an die Politik war unmissverständlich: Nur wenn der Freistaat Bayern die dauerhafte Finanzierung sichert und die strukturellen Voraussetzungen weiter stärkt, kann der internationale Austausch langfristig allen Jugendlichen zugänglich gemacht werden. Denn Austausch bedeutet Begegnung, Inspiration und eine Stärkung von Demokratie und Toleranz. YFU wird sich auch weiterhin dafür einsetzen – in Bayern und im gesamten Bundesgebiet. Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten für den wertvollen Austausch in München und das gemeinsame Engagement! Zusammen gestalten wir eine offene, vernetzte Zukunft für junge Menschen.