Am Flughafen sehe ich meine Gastfamilie sofort. Meine Gastschwester Julia hält einen großen Luftballon und ein Schild auf dem ganz groß mein Name steht. Ich muss lächeln. Zielstrebig gehe ich auf sie zu. Wir umarmen uns und es wird auch gleich ein Foto gemacht. Dann machen wir uns auf den Weg zum Auto. Es ist kochend heiß draußen, ca. 39 Grad, und total schwül.
Mich in die Familie einzuleben fiel mir sehr leicht. Gleich in der ersten Woche unternahmen wir viel und mein Gastvater Davis und Julia zeigten mir viel von der Umgebung. Wir gingen zusammen in meine Schule, um mich dort anzumelden und dass ich meine Fächer wählen konnte.
Wie im Film
Dann kam der erste Schultag. Wie in den Filmen fuhren wir mit dem gelben Schulbus in die Schule. Ich war total fasziniert, konnte es nicht glauben, dass man in den USA wirklich mit diesen Bussen in die Schule fährt. Meine erste Klasse war TV & Radio Production. Aber der Lehrer war total nett, und auch weil die Klasse nicht so groß war fiel es mir leicht alles mitzubekommen. Ich schleuste mich so durch den Tag, für Lunch hat mich Julia an meinem Klassenzimmer abgeholt, und so war ich mit ihr und ihren Freunden essen. Eine von Julias Freunden holte mich am Ende des Schultages ab und wir gingen zusammen zum Cross Country Training. 2 Stunden rannten wir nur durch die Gegend, aber letztendlich habe ich so schnell andere Leute kennengelernt. Am Abend war ich total müde, aber ich war auch froh, dass alle Leute so nett auf mich reagiert haben, alle waren sehr interessiert, und ich freute mich schon sehr auf den nächsten Tag.
Von da an fing alles auch bald an Routine zu werden. 6 Uhr aufstehen, 6.30 Uhr zum Bus gehen, 7.20 Uhr Schulbeginn, 14.05 Uhr Schulende, 15.00 Uhr Cross Country Training, 18.00 Uhr wieder daheim, dann Hausaufgaben, Abendessen und Bett. Sogar am Wochenende hatten wir um 9.00 Uhr Cross Country Training, aber das machte mir nichts. Ich mochte die Leute aus meinem Team, und ich freute mich immer auf das Wochenende, denn ich spielte nebenbei auch noch Fußball in einem Team außerhalb von der Schule. Wir hatten 2 Mal die Woche Training und Samstag waren die Spiele. Ja, anfangs drehte sich bei mir fast alles nur um Schule und Sport, doch bald hatte ich meine Freunde und ich fing an samstags in die Mall zu gehen oder ins Kino.
Homecoming und Spirit Week
Dann kam Homecoming. Die ganze Woche war Spirit Week, jeden Tag musste man sich nach einem anderen Motto anziehen. Es war total lustig, sich jeden Tag noch verrückter anzuziehen wie am Tag davor. Freitag war dann das große Homecoming-Footballspiel. Fast die ganze Schule war beim Spiel, um unser Team anzufeuern. Die Cheerleader tanzten am Spielfeldrand und jubelten immer wenn unser Team den Ball hatte. Obwohl ich bis zum Ende des Jahres die Regeln immer noch nicht verstanden hatte, liebte ich Football und ließ mich total von dem amerikanischen Spirit anstecken. Am Samstag war dann der Homecoming Dance. Es war lustig zu sehen, wie die amerikanischen Jugendlichen feiern, so anders wie wir in Deutschland, doch es hat mir unendlich viel Spaß gemacht.
Es wird gefeiert: Halloween & Weihnachten
Der Oktober verging wie im Flug, und es war Halloween. Ich ging ich zusammen mit Freunden Trick and Treating. Alle hatten sich schon Wochen vorher Gedanken gemacht, als was sie gehen würden, mein bester Freund ging als Marshmallow, ich zog mein Dirndl an. Wir liefen bis spät in der Nacht durch unser Viertel und sammelten Tonnen von Naschen. Es hat soviel Spaß gemacht, ich fühlte mich so richtig amerikanisch. Kurz darauf war auch schon Thanksgiving. Der Truthahn, den es gab, war riesig und köstlich.
Und bald war auch Weihnachten. Meine Familie und ich fuhren zu den Eltern meines Gastvaters nach Columbia, Tennessee. Meine Gastgroßeltern, Kay und Bill, hatten ein wunderschönes Holzhaus mitten im Wald. Tennessee war das totale Kontrastprogramm zu D.C. Fast keine Häuser, alles noch sehr Natur pur. Wir hatten eine wunderbare Zeit in den Weihnachtstagen, auch wenn ich meine deutsche Familie in diesen Tagen besonders vermisste, fühlte es sich doch gut an zu wissen, dass ich mittlerweile in meiner amerikanischen Familie fest verankert war.
Der Schulabschluss
Prom, der große Abschlussball war am wundervoll. Mit insgesamt 16 Leuten sind wir mit einer Limo nach D.C. in ein Restaurant gefahren. Bevor wir zum Essen sind wurden noch jede Menge Bilder gemacht, sodass niemand diesen großen Tag jemals vergessen wird. Nach dem Essen sind wir weiter zu dem Hotel gefahren, in welchem der Ball veranstaltet wurde. Fast der ganze 11 und 12 Jahrgang war da, und alle haben ausgelassen getanzt und gelacht. Es war ein sehr schöner Abend, und ich fühlte mich fast wie in einem richtigen Hollywoodfilm, alles wirkte so unglaublich und ich war mitten drin.
Und dann kam der Tag meiner Abschiedsfeier. Zusammen mit Davis und Julia hatte ich unseren ganzen Garten dekoriert und hergerichtet. Es kamen alle meine Freunde, sogar meine Gastgroßeltern waren da. Es wurde viel gelacht und jeder brachte ein kleines Andenken für mich mit. Zu meiner Überraschung musste ich nicht weinen, ich hatte zuviel Spaß beim feiern, um an den wirklichen Grund der Feier zu denken. Mein Gastvater grillte Bratwurst und Hamburger, meine Gastmutter hatte leckern Salat gemacht, und meine Gastgroßeltern brachten Brownies mit. Es wurde gelacht, getanzt, geredet und Unmengen an Bildern gemacht. Erst als es spät wurde, und wir am Lagerfeuer saßen und s’mors grillten und jeder anfing seine Lieblingserinnerung mit mir zu erzählen, musste ich weinen.
Einen Tag vor meinem Abflug war die große Graduationzeremonie für alle, die dieses Jahr Abschluss gemacht haben. Obwohl ich offiziell erst in der 11. Klasse war durfte ich bei der Zeremonie mitmachen. Zusammen mit 156 Abschlussschülern bin ich vor ca. 400 Leuten über die Bühne gelaufen, und habe mein Abschlusszeugnis abgeholt. Zusammen mit ihnen habe ich meinen Hut in die Luft geworfen und mich von oben mit Lametta beregnen lassen. Wenn ich bei Prom dachte ich wäre im Hollywoodstreifen gelandet, dann war das hier der Höhepunkt des Filmes.