„Ladys and Gentlemen. We will be arriving in Chicago shortly..." Diese Worte haben mich endgültig realisieren lassen, dass das Abenteuer Auslandsjahr nun begonnen hat. Der Augenblick auf den jeder Austauschschüler seit der Bewerbung wartet, die Ankunft im Gastland, war endlich gekommen.
Vorbereitung
Nur durch ein Teilstipendium wurde mir das Auslandsjahr ermöglicht und dafür danke ich YFU einfach nur! Von meiner Bewerbung im Oktober bis zum Abflug im August ging die Zeit schnell vorbei. YFU war die ganzen 10 Monate präsent und die Betreuung war sehr gut. Man füllte entweder Unterlagen aus, fuhr zum Bewerbungsgespräch, der Vorbereitungstagung (VBT) - DEM Highlight der Vorbereitung -, zum Konsulat oder... man füllte weitere Unterlagen aus. Es gibt halt so einiges auszufüllen für so ein Großprojekt. Und dann, einen Monat vor Abreise, hab ich dann endlich meine Gastfamilie bekommen. Es sollte nach Ashtabula, Ohio gehen. Ein 20. 000 Einwohner Städtchen mit kompliziertem Namen sollte meine Heimat für ganze 10 Monate werden und ab diesem Zeitpunkt habe ich so gut wie jeden Tag mit meiner Gastfamilie geschrieben. Ich war bereit das Abenteuer zu starten.
Meine herzliche Gastfamilie: Kalte Dusche inklusive
Um kurz nach Mitternacht, 30 Stunden ohne Schlaf und mehreren Tausend Meilen hinter mir traf ich dann zum ersten Mal meine Gastfamilie. Mit einem Plakat wurde ich von meinem Gastvater und meiner Gastschwester empfangen und dann ging es nach Hause, wo ich auch meine Gastmutter traf. Erschöpft aber glücklich angekommen zu sein fiel ich dann direkt ins Bett. Am nächsten Tag dann sollte die ganze Familie kommen. Bei sieben Kindern (wovon sechs schon erwachsen waren und ihre eigenen Familien hatten) und mehr als einem Dutzend Enkelkindern war dann ordentlich was los im Haus.
Ich fühlte mich sofort wohl und verstand mich super mit allen meinen Geschwistern. Und wie es sich auch gehört, wurde ich als jüngster schon von meinen beiden Gastbrüdern (35&45) geärgert. Meine Familie war mir sehr wichtig und so verbrachten wir viel Zeit zusammen und sie sind zu meiner zweiten Familie geworden. Weihnachten in einer Großfamilie war für mich etwas Neues, aber auch der schönste Moment mit der Gastfamilie.
Man sollte jedoch nicht scheu sein Fragen zu stellen sonst könnte man (so wie ich) eine Woche lang nur kalt duschen weil ich nicht wusste wie man das Wasser reguliert und ich mich komisch fühlte nach zu fragen . Diese Geschichte hat für viele Lacher gesorgt und regelmäßig wurde ich damit geärgert. Zum Abschied hat mir meine Mutter sogar einen Haustürschlüssel mitgegeben mit dem Satz: „Our home is now your home and you're welcome here anytime".
School spirit – ich war sofort angesteckt
Die „Pledge of Allegiance" (Treueschwur an die Flagge der USA) leitete jeden Schultag ein. Anfangs war es komisch für mich, dass jeden Tag ein Treueschwur an die US-Flagge geleistet wurde, doch mit der Zeit gewöhnte ich mich daran. Das Niveau meiner amerikanischen Schule war ganz anders als das meiner deutschen Schule doch nach der ersten Woche habe ich mich auch daran gewöhnt und die positiven Sachen genossen.
Der viel zitierte High School spirit hat mich sofort angesteckt und so verbrachte ich viel Zeit die Spiele meiner Schule mit Freunden zu gucken, oder auch mit dem Homecoming oder der Prom. Homecoming war mein persönlicher Höhepunkt im ganzen Auslandsjahr,da ich zum King-Kandidaten gewählt worden war, wurde dieser Tanz noch viel besonderer. So war ich in der Parade dabei, wurde von meinen Gasteltern aufs Spielfeld gebracht und durfte den Tanz mit eröffnen. Ich werde nie vergessen wie mein Name auf dem Spielfeld aufgerufen wurde, und ich zum Homecoming Prinzen gewählt worden bin. Auch heute noch bekomme ich Gänsehaut wenn ich daran zurückdenke.
Auch das Verhältnis zu den Lehrern war viel „kumpelhafter". Sie waren nicht nur Respektspersonen, sondern auch Leute an die man sich wendet wenn man Probleme hat. Die Lehrer scherzten öfters mal rum und nahmen sich Zeit um Schülern auch nach dem Unterricht zu helfen.
„Go Dragons" - Schulsport
Sport spielt eine sehr große Rolle an der High School. Das ganze Sportprogramm läuft, anders als in Deutschland, an der Schule ab und so empfehle ich es jedem sich sportlich zu betätigen. So habe ich Football, Schwimmen und Leichtathletik gemacht und die meisten meiner Freundschaften dort geschlossen. Es war jedes mal etwas besonderes an einem Freitagabend mit dem Footballteam unter Flutlicht aufs Feld zu laufen und beim letzten Saisonspiel durfte ich uns sogar anführen.
Wir haben zwar leider jedes Saisonspiel verloren, die Begeisterung war jedoch immer noch riesig: So wurde einem vor jedem Spiel immer Glück gewünscht oder sonstige aufmunternde Worte zugesprochen. Neben dem Sport hat man auch die Möglichkeit in die Band zu gehen, oder man nutzt eine der vielen AG-Möglichkeiten. An meiner Schule gab es unter anderem Drama, Key-Club und Model UN. Habt den Mut was neues auszuprobieren, es kann euch wirklich gefallen und vielleicht nehmt ihr dann ein neues Hobby mit nach Deutschland.
„It's what you make of it"
Jedes Auslandsjahr ist anders und auf die eigene Art und Weise besonders. Es gibt kein typisches Auslandsjahr, es ist jedem selber überlassen das eigene Auslandsjahr zu gestalten und so zu verbringen wie man es selber möchte. Man kann viele Berichte lesen und denken, man weiß, was auf einen zukommt, aber letztendlich kommt alles anders als man denkt. Somit möchte ich zum Schluss nochmal jeden ermutigen sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Es ist mehr als nur ein Jahr – man entwickelt sich enorm und lernt sich selbst besser kennen, man wird selbstständiger und blickt auch mal über den Tellerrand und versteht warum es in einem anderen Land anders ist als in Deutschland.
Mein Jahr in den USA hat mich mehr beeinflusst als ich es gedacht hätte. So hat sich zum Beispiel mein Karrierewunsch geändert, ich habe eine neue Lieblingssportart gefunden und einige Denkweisen und Ansichten zu bestimmten Themen. Ein Auslandsjahr ist eigentlich nie vorbei,da man die ganzen Erfahrungen und Erinnerungen immer mit sich trägt.