Der Titel meines Berichts stammt aus einem ungarischen Volkslied und bedeutet ungefähr,, Nimm meinen Brief mit, in meine schöne ungarische Heimat.“ Für mich hat dieses Lied eine unglaublich große Bedeutung bekommen, daher dass ich es im Chor und mit meinen Freundinnen in der Schule gesungen habe und auch, weil ich sicher viele Briefe nach Ungarn schicken werde, wenn ich wieder in Deutschland bin.
In diesem Moment sitze ich Zuhause, in Budapest, komm gerade aus der Schule, hab die Facebook-Nachrichten meiner Freunde gecheckt und ihnen geantwortet, auf Ungarisch. Wie normal sich das doch anfühlt, wie gewohnt es doch ist und wie verrückt es klingt, wenn ich es mir nochmal bewusst durchlese.
Mit jedem ,,Tschüss“ kommt ein neues ,,Hallo“
Ich erinnere mich noch ganz genau an meinen letzten Schultag in Deutschland, meine Freunde und ich haben die Tränen unterdrückt, oder es zumindest versucht. Ich habe alle umarmt, mich von ihnen verabschiedet und mir wurde viel Spaß gewünscht in…warte welches Land war das nochmal? In Uruguay, Polen, Portugal, Rumänien und von denen, die etwas besser aufgepasst haben, tatsächlich auch in Ungarn. Ich wurde oft gefragt, warum ausgerechnet Ungarn und nicht Amerika, England, Frankreich oder Italien, aber für mich war es von Anfang an klar, dass wenn es ins Ausland geht, dann nur mit YFU, nur mit dem Musikprogramm nach Ungarn und das auch nur, wenn ich das Botschafter Bayerns Stipendium bekomme und glücklicherweise hat alles nach Plan geklappt. Am 17.August 2016 saß ich im Flieger in Richtung Budapest und konnte es kaum erwarten endlich anzukommen.
Ich packe meinen Koffer und nehme mit…?
Etwas worüber ich mir in Deutschland einen viel zu großen Kopf gemacht hab: Was nehme ich mit? Was brauch ich in einem Jahr? Letzten Endes hab ich das eigentlich ganz gut hinbekommen aber trotzdem waren einige Sachen dabei, die ich nicht gebraucht hätte. Ich weiß, es ist schwer das Shirt zurück zu lassen, das deine beste Freundin auch hat oder den Pulli, den du jedes Jahr an Weihnachten getragen hast, aber ich rate wirklich jedem dazu, es nur auf das Nötigste zu reduzieren! Ich habe hier schon Massen an Kleidung gespendet und verschenkt, nur damit ich’s im Juni wortwörtlich leichter hab und keine Probleme mit dem Gewicht des Gepäcks bekomme. Die für mich wertvollsten Sachen, die ich aus Deutschland mitgebracht habe sind mein Fotobuch, in dem ich Bilder meiner Familie, meiner Freunde und meines deutschen Dörfchens habe, mein Abschiedsbuch, in das meine deutschen Freunde Texte für mich geschrieben haben, bevor ich gegangen bin und mein Handy und mein Laptop haben mir auch einiges erleichtert. Wenn ich nochmal packen könnte, würde ich noch eine Kamera mitnehmen, selbst wenn ich sicher keine Profifotografin bin.
Als Veggie im Land des Gulaschs
Die ungarische Küche ähnelt der deutschen von den Zutaten her auf jeden Fall, die Zubereitung ist aber etwas anders. Ich persönlich finde das ungarische Essen total lecker und bin mir sicher, dass ich das ordentlich vermissen werde, wenn ich wieder in Deutschland bin. An dieser Stelle ein kleiner Tipp: Esst Nationalgerichte in eurem Auslandsjahr! In Ungarn jede Woche in ein amerikanisches Fastfood Restaurant zu gehen oder sich eine Pizza zu holen ist Quatsch! Diese Sachen bekommt ihr überall! Die Ungarn essen ziemlich gerne und ziemlich viel, daher wird es als unhöflich angesehen wenig zu essen. Natürlich müsst ihr euch nicht immer mit Essen vollstopfen, aber von Diäten wollen die Ungarn nichts hören ;P Wie der Titel schon verrät bin ich Vegetarierin. In Deutschland ist der Vegetarismus ziemlich populär, fast schon ein Trend, hier in Ungarn sieht das anders aus. Aus diesem Grund habe ich der Gastfamilie zuliebe auch das erste halbe Jahr Fleisch gegessen und das ungarische Fleisch, egal ob in der Suppe, als Wurst oder als Beilage hat mir auch geschmeckt. Ich habe mich aber nicht gut damit gefühlt, mit meiner Familie gesprochen und jetzt ist das alles kein Problem mehr. Manchmal bekomme ich Sprüche und Witze zu hören, das ist aber in Deutschland nicht anders.
Familienwechsel
Vor diesem Thema hatte ich in Deutschland keine Angst. Ich war mir sicher, dass ich bis zum Jahres Ende in einer Familie bleiben werde. Dieser Plan hat leider nicht ganz so geklappt, aber trotzdem habe ich ein tolles Jahr und mir hat der Wechsel nichts versaut. Es ist ziemlich cool, wenn man das ganze Jahr in einer Familie verbringt und man sollte auch nie einen Wechsel anstreben, aber für mich ging es nicht anders. Glücklicherweise verbinde ich mehr Positives als Negatives mit meinem Wechsel. YFU und meine Freunde habe mich so gut unterstützt, mir so viel geholfen und ich bin sehr dankbar für beide Familien, in denen ich leben durfte/darf. Die Ungarn sind ein sehr offenes und freundliches Volk, darum fiel es mir nicht schwer Freundschaften zu knüpfen und durch diese Phase des Familienwechsels habe ich nochmal gemerkt, wie toll meine Freunde hier eigentlich sind und dass ich auf sie zählen kann.
Schule und Freizeit
Zwei Punkte, die sich bei mir ziemlich vermischt haben. Ich bin eine Musikaustauschschülerin, das bedeutet auch, dass ich eine Musikschule besuche. Die ,,Kodály Zoltán Magyar Kórusiskola“ ist eine Schule die ich samt Gebäude, Lehrer und Schüler schnell ins Herz geschlossen habe. Eine professionelle Chorschule zu besuchen bedeutet viel mehr als ich dachte. Ich bekomme jede Art von Gesangsunterricht und Stimmbildung und hab in diesem Bereich auch einen unglaublichen Schritt nach vorne gemacht und mich verbessert. In Deutschland war die Musik mein Hobby, ich habe Berufe wie Musicalsängerin als unerreichbare Träume angesehen, aber hier wurde mir klar, dass ich das schaffen könnte. Für mich wurde an dieser Schule schon ein Traum wahr, ich bin eine Sängerin, eine richtige Sängerin, deren Freizeit von Proben, Proben, Proben, Solo- und Chorkonzerten geprägt wird. Der Gesang war schon immer meine Leidenschaft, die in mir gebrannt hat und diese Schule hat nochmal Benzin auf dieses Feuer in mir gegossen. Meine Mitschüler und Lehrer haben vom ersten Tag an den Kontakt zu mir gesucht, egal auf welcher Sprache und haben mir immer geholfen und mich ohne Vorurteile in ihre Herzen geschlossen. Ich gehe Tag für Tag mit einem Strahlen im Gesicht in die Schule, weil ich mich so freue hier sein zu dürfen. Ich werde eine Menge vermissen, wenn ich wieder in Deutschland bin, aber ich weiß jetzt schon, dass meine Schule auf Platz1 steht! In dieser Schule wurden und werden Witze erschaffen, Tränen vergossen, Kontakte geknüpft und sehr viele Lieder gesungen. Daher dass die Schule ziemlich spät zu Ende ist und meine Wochenenden mit Chorproben, Konzerten und Familienzeit durchgeplant sind, habe ich in dem Jahr fast nichts anderes gemacht als geprobt und gesungen (was mich keinesfalls stört). Ich besuche ab und an einen YOGA-Kurs, was mir total viel Spaß macht, dort lerne ich auch nochmal neue Leute kennen und trainiere mein Ungarisch.
Ungarisch: eine der schwersten Sprachen der Welt
In Deutschland wurde mir gesagt, ich könne nach einem Jahr kein Ungarisch sprechen. Es sei unmöglich diese Sprache in einem so geringen Zeitraum zu lernen.Purer Schwachsinn! Ungarisch funktioniert nicht einfach so, das stimmt, man muss lernen und üben. Wer sich jeden Tag eine halbe Stunde hinsetzt, spricht natürlich besser als jemand der einmal die Woche eine Stunde lernt. In den Unterrichtsstunden versteht man am Anfang sowieso nichts, diese Zeit eignet sich prima zum Lernen und glaubt mir, Klassenkameraden helfen super gerne bei Fragen und freuen sich, wenn sie sehen dass du dich anstrengst! Die Gastfamilien sind genauso hilfreich! Meine erste Gastfamilie und ich haben zum Beispiel im ganzen Haus Post-It’s mit den ungarischen Wörtern für die Möbel verteilt, was ich für eine coole und hilfreiche Idee halte.
Zu guter Letzt…
Meine Erfahrungen sind natürlich subjektiv, also rate ich auch andere Berichte zu lesen, für mehr Informationen und Berichte speziell zu meinem Auslandsjahr lade ich gerne dazu ein auf meinem Blog vorbeizuschauen ,,Songbird170816“ auf Facebook und bei irgendwelchen Fragen könnt ihr mir dort auch gerne schreiben!
Liebe Grüße aus Budapest
Jule