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Europa und doch ganz anders

Erfahrungsbericht von Rebecca, Austauschjahr in Ungarn

„Was willst du denn in Ungarn?“, „Dort gibt es doch Internet, oder?“, „Wie bist du denn darauf gekommen?“ Diese Fragen gemischt mit  erstaunten bis verächtlichen Blicken wurden mir in meinen letzten paar Wochen in Deutschland sehr häufig gestellt, doch meine Entscheidung stand fest und weder meine Freunde noch meine Familie konnte etwas daran ändern. Nur knapp 1000 km von meiner Heimatstadt im Osten von Europa mit einer wundervollen Landschaft, hervorragendem Essen, außergewöhnlichen Traditionen und gastfreundlichen Menschen, liegt Ungarn. „ Ein Land für Genießer“ las ich einmal in einer Broschüre und das kann ich nur bestätigen.

 

Meine Familie lebt in Debrecen, der zweitgrößten Stadt Ungarns. Meine Gasteltern sprechen nur ungarisch, nur mein Bruder spricht noch Englisch. Mit ihm habe ich mich zu Beginn auch auf Englisch unterhalten, aber nach ein paar Wochen hat auch er angefangen nur noch ungarisch mit mir zu reden. In den 3 Wochen bevor die Schule anfing, habe ich die Familie und die Stadt kennengelernt. Ich war auf einer Hochzeit und habe eine Pilgerfahrt nach Máriapocs mitgemacht.

 

 

Schicke Uniform für den ersten Schultag

Und eh ich mich versah, war es schon der 1. September und somit auch der 1. Schultag. Mit weißer Bluse, schwarzer Hose und der Schulkrawatte, eine Uniform die an Feiertagen oder Schulveranstaltungen getragen wird, wurden ich und 6 andere Austauschschüler der Schule vorgestellt und in unsere Klassen gebracht. Ich bin in einer Klasse, die auf Deutsch und Englisch spezialisiert ist. Wir sind 36 Schüler also wirklich riesig groß. Die ersten Tage/Wochen war es ein bisschen schwierig Anschluss zu finden. In den Unterrichtsstunden habe ich nichts verstanden und hatte auch nicht viel zu tun, die meisten in meiner Klasse waren nett zu mir, aber es haben sich nur sehr wenige getraut mit mir zu sprechen. In diesen Tagen musste ich mich echt überwinden. Von nichts kommt ja schließlich auch nichts. Ich habe mich in den Pausen einfach zu ihnen dazugesetzt, gelächelt und hallo gesagt und nach knapp 4 Monaten habe ich viele Leute gefunden mit denen ich mich gerne unterhalte, mit denen ich ausgehe, nach der Schule noch etwas unternehme und die mir beim Erlernen der Sprache helfen.

 

Der Unterricht in der Schule unterscheidet sich außerdem sehr von dem in Deutschland. Manche würden sagen, dass er altmodisch ist. Der Dialog zwischen Lehrern und Schülern ist nicht sehr ausgeprägt. In den meisten Fächern wird diktiert. Die Aufgabe der Schüler ist es einfach leise zu sein und mitzuschreiben. Ein besonderer Tag ist der Döknap. An diesem Tag haben die Schüler keinen Unterricht. Man kann es mit Tag der offenen Tür vergleichen und am Nachmittag ist eine große Veranstaltung zur Begrüßung der 9. Klassen. Diese müssen dann vor der gesamten Schule Aufgaben lösen z.B. etwas spontan vorsingen oder tanzen. Für sie war es sicherlich etwas peinlich, für uns Zuschauer aber sehr unterhaltsam.

 

 

Ungarische Kultur: Essen & Volkstanz

Ein Thema, welches ich unbedingt noch erwähnen muss, ist das Essen. Es ist mehr als nur wichtig. Es ist egal ob du nach einer Portion schon satt bist, wenn du keinen Nachschlag nimmst dann schmeckt es dir nicht. Und wenn du dann mit der Hauptspeise fertig bist, gibt es immer noch einen Nachtisch.

 

Ich gehe zweimal die Woche zum Tanzen. Und zwar zum Ungarischen Volkstanz. Es ist anstrengender und schweißtreibender, als es sich anhört. Aber es macht sehr viel Spaß. Es sind alle zwischen 10 und 20 Jahre alt. Natürlich sind die Schritte kompliziert, vor allem da die meistens schon knapp 5 Jahre dabei sind und ich eine ziemliche Anfängerin im Tanzen bin. Wenn man solche Tänze sieht fängt man an die Ungarn zu verstehen. Sie sind sehr stolz auf ihr Land und ihre Kultur und das zeigen sie auch häufig. Aber trotzdem oder vielleicht gerade deshalb schließen sie jeden Menschen ins Herz, der sich für all das interessiert. Die meisten verstehen überhaupt nicht wie man von einem Land wie Deutschland nach Ungarn kommen kann. Und wenn man dann noch sagt, dass man ihre Sprache lernen will, sind sie total vernarrt in einen.

 

 

Schneckensuppe? Zum Glück nur falsch verstanden!

Doch Sprachfehler macht man immer. Egal wie sehr man versucht, alles richtig zu machen. Mein erster war der, dass meine Gastmutter zu mir meinte, dass wir heute Abend csigaleves essen. Was übersetzt Schneckensuppe heißt. Ich war gelinde gesagt ein wenig entsetzt. Zum Schluss stellte sich heraus, dass die Nudeln, welche für die Suppe verwendet werden auf Grund ihrer Form csiga heißen.

 

Mir macht es sehr viel Spaß eine neue Sprache ohne den üblichen Druck seitens der Schule zu lernen. Es ist entspannt, man kann das Erlernte gleich anwenden und alle freuen sich, wenn man einen richtigen Satz zustande bringt.

 

Ich bereue wirklich nicht hier her gekommen zu sein. Dieses Land hat alles was man für ein perfektes Auslandsjahr braucht.

Rebecca mit Freundinnen

Rebecca mit Freundinnen