Sawubona! Goeie dag! Soll heißen „Guten Tag!“, einmal in Zulu und einmal in Afrikaans. Wann man nun was verwendet, hängt ganz davon ab, in welcher Kultur man sich soeben befindet. Denn Südafrika hat viele Kulturen mit unterschiedlichen Traditionen und Werten. Allein schon als ich am Flughafen angekommen bin, dachte ich mir: „Wow, so viele verschiedene Menschen!“
Und diese Diversität hat sich dann auch bestätigt: Ich lebe mit einer Afrikaans-Chinesischen Familie, gehe zu einer sogenannten „gemischten“ Schule, weswegen mein Freundeskreis aus Zulu, Coloreds, Xhosas, Brits und Boeres (Afrikaaners) etc. besteht. Am Wochenende gehe ich oft mit „Grannie“ (ja, ich nenne die Angehörigen meiner Gastfamilie wie die meiner echten Familie) und meiner „Cousine“ zum Hindu-Tempel. Da hier in Südafrika auch viele Inder leben, werden hinduistische Feste wie „Diwali“, das Fest des Sieges von Licht über Dunkelheit und der Beginn des neuen Jahres (Oktober), groß in der Öffentlichkeit zelebriert.
Bunte Tierwelt, bunte Religionen
Wenn du erwartest, in Südafrika Löwen und Tiger durch die Stadt rennen zu sehen, muss ich dich leider enttäuschen. Die kann man nur in den riesigen Nationalparks bewundern (und Löwenbabys streicheln). Nichtsdestotrotz: ein wenig außerhalb der größeren Städte trifft man nicht allzu selten auf Strauße, Zebras, Springböcke, Banden von Affen (stehlen wie verrückt; einer hatte es auf die Kamera meines Freundes abgesehen).
Religiosität ist hier ein wichtigeres Thema als es oft in Deutschland ist. Doch das Ausleben kann ganz unterschiedlich aussehen. Allein für Christen hier gibt es hunderte von unterschiedlichen Kirchen, fast an jeder zweiten Straßenecke eine. Zum „Abhängen“ trifft man sich meistens freitags in einer „Youth of Church“, die viele Kirchen anbieten, sodass die Jugend auch mit christlichen Rocksongs Gott nahe sein kann. Für die Sonntagsmesse ist mein persönlicher Favorit die sogenannten „Happy-Clappy Churchs“. Dort wird gesungen und getanzt, um den heiligen Geist zu empfangen.
Schule – Clubs und Schuluniform
Ich habe mich an meiner Schule mit mehr als 1500 Schülern in Athletics, Tennis, Squash und im Chor versucht. Auch Cricket, als einer der sehr beliebten südafrikanischen Sportarten neben Rugby, habe ich im Training einmal mitgemacht, doch mir wurde sehr schnell bewusst, dass Cricket jahrelanges Training voraussetzt (allein schon die Regeln, wie ich im Wanderers-Stadion bemerkte). In einer Castingshow, die den/die beste(n) Singer(in) der Northcliff Highschool ermitteln wollte, nahm ich nach etlichen Überredungen meiner neuen Freunde teil („weil mein Akzent doch so lustig klingt“). In Lederhosen sang ich schließlich, nachdem ich zwei Vorrunden gemeistert hatte, vor einem prompt vollen Saal „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer. Mit dieser Topnummer, die jeden anwesenden Südafrikaner dazu brachte, seine eigene Interpretation mitzusingen, zog ich schlussendlich in die Top 10 ein. Das war‘s dann aber auch....
In südafrikanischen Schulen sind Schuluniformen Pflicht, und da ist es ganz egal, dass es im November (fast Sommer; Jahreszeiten sind andersherum) 32°C Grad sein kann: Die Anzugshose bleibt an! Dafür gibt man ein schönes Bild als Einheit..., sagen sie. „Life Orientation“ und „Tourism“ sind hier Fächer, die ich aus Deutschland noch nicht kannte. Auch ist es für mich neu, dass Schüler aller Klassen am Jahresende im November Examen über die Unterrichtsinhalte des ganzen Jahres schreiben.
Essen in Südafrika: Nenn es niemals „Barbecue“!
An Abenden am Wochenende ist es gerade für Afrikaaners typisch, ein Braai im Garten zu veranstalten. Doch wehe dem deutschen Austauschschüler, sollte dieser es noch einmal wagen, ein „Braai“ als „Barbecue“ zu bezeichnen. Denn das ist es nicht! Und sie haben Recht, es schmeckt tatsächlich anders (irgendwie besser für meinen Geschmack, da ich nie ein großer Fan vom Grillen war). Dazu gibt es natürlich „Pap“, wie es sich in der „boerischen“ Küche gehört. Für alle Nicht-Südafrikaner: Pap sieht aus wie Kartoffelbrei, jedoch ohne Kartoffeln! Man nehme stattdessen Mais.
Viel Fleisch! Das ist wohl die beste Beschreibung für die Nahrung eines Südafrikaners. Dazu kommen die hunderte von verschiedenen Semi-Fastfood Ketten, in denen man tatsächlich für unter umgerechnet 5€ seinen Hunger stillen kann (Wasser ist in Restaurants kostenlos!). Dies sorgte dafür, dass ich die Male, die ich auswärts essen gegangen bin, schon gar nicht mehr zählen kann. Was einen frisch eingetroffenen Europäer wie mich das erste Mal vermutlich sehr verwundern wird, sind die Namen der Bedienungen (bzw. an dem Platz, wo man das erste Mal mit Zulus oder anderen schwarzafrikanischen Völkergruppen in Kontakt kommt). Freedom, Hope, Happiness, Gift. Wunderschöne Namen mit Bedeutung, aber doch irgendwie ungewohnt auf einmal bei der Verabschiedung zu sagen: „Good Bye, Hope!“. Später wurde ich dann aufgeklärt, dass diese Namen die Übersetzungen der Namen in ihrer Sprache seien, da wir Weißen sie nicht aussprechen können (Clicks und pseudo-Lispeln ist definitiv schwierig für Ungeübte in einer netten Art auszusprechen). Einer meiner Freunde wollte mir, um Teil der Gemeinschaft zu sein, auch einen „black name“ geben: Luzuko (Xhosa für „Glory“). Zum Glück ohne etwaige Zungenbrecher...
Andere Länder, andere Sitten – und Moralvorstellungen
Neben all diesen tollen Erlebnissen musste ich aber auch die dunkle Seite Südafrikas kennenlernen: Kriminalität. Bereits an meinem zweiten Tag kletterte jemand in der Nacht über unsere 2 Meter Mauer (das sollte doch eigentlich genug sein) und stahl zwei Pavillons. Das Geschimpfe am nächsten Tag war natürlich groß. Mauern mit elektrischen Stachelzäunen sind übrigens ein Muss in Südafrika, wenn man nicht in der Nacht von ungebetenen Gästen besucht werden will. Da ich dies noch nicht wirklich verinnerlicht hatte, habe ich auch nicht mehr als in Deutschland auf meine Sachen aufgepasst. Deshalb habe ich gerade mal zwei Wochen später, wie ich es aus Deutschland gewohnt war, meinen Schulpack und Kleidung in der Umkleidekabine gelassen, um mich zum Aufwärmen für Athletics zu bewegen. Als ich zurückkam, total erledigt von 6 Kilometern Rennen, war ich erstmal geschockt. Meine Uhr, Kette und Hose: Futsch! Gestohlen! Aber jetzt weiß ich Bescheid und passe besser auf meine Sachen auf.
Soweit so gut. Ich habe noch nie so oft versucht einen Pseudo-Experten in deutschem Fußball und Autos zu geben (mit gar nicht allzu schlechtem Erfolg), und als Repräsentant meines Landes steigt einem der Patriotismus doch manchmal zu Kopf, wenn dich die Leute bitten von Deutschland zu erzählen (erst Recht als Bayer). Ich habe viel zu viele atemberaubend interessante Erfahrungen erleben dürfen, und bin gespannt was mich noch erwartet!