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Chipa, Cocido und Guaraní

Erfahrungsbericht von Finja, Austauschjahr in Paraguay

Zwei Wochen vor meinem geplanten Abflug nach Irland bekam ich einen Anruf, in dem mir mitgeteilt wurde, dass mein Auslandsjahr in Irland auf Grund von Gastfamilienmangel vielleicht doch nichts werden würde. Als YFU mir dann vorschlug, auf Paraguay auszuweichen, war ich erstmal ziemlich geschockt. Fliege ich vollkommen spontan und ohne jegliche Sprach- oder Vorkenntnisse der Kultur in ein Land, von dem ich nicht mal genau weiß, wo es liegt?

 

Ankommen, Gastfamilie und Sprache

 

Ein paar Wochen später saß ich also dann im Flugzeug nach Paraguay. Ich hatte absolut keine Ahnung, was mich erwarten würde. Nach dem Arrival Camp ging es schon sofort zu unseren Gastfamilien. Gleich am ersten Tag wurde ich zu einem Familiengeburtstag mitgenommen, was mich zuerst überfordert hat, da ich niemanden kannte und auch nicht ein Wort verstanden habe. Doch es hat mir auch gleich am ersten Tag gezeigt, wie unfassbar wichtig den Paraguayern ihre Familie ist und ich habe meine ganze Familie (mit Tanten, Onkeln, Großeltern und allen anderen) auch sehr schnell lieben gelernt, da ich schon von der ersten Sekunde das Gefühl hatte, zu ihnen zu gehören.

 

Meine Gastfamilie bestand aus meiner Gastmutter Lorena, meinem Gastvater Julio, meinen zwei Gastschwestern Sofia und Alejandra, meinem Gastbruder Farid und meiner Abuela (Gastoma) Olga. Wir haben – abgesehen von vielen Familientreffen – sehr viel unternommen, da es meinen Gasteltern sehr wichtig war, dass ich Paraguay kennenlerne. Im Sommer waren wir sogar im Urlaub in Brasilien und wir waren auch zusammen in Argentinien. An sich hatte jedes Familienmitglied seinen individuellen Alltag, aber wir haben trotzdem versucht viel Zeit miteinander zu verbringen und mindestens eine Mahlzeit am Tag zusammen zu essen.

 

Was die Sprache anging, kam ich, obwohl ich keine Vorkenntnisse hatte, ganz gut zurecht. Es war am Anfang ziemlich anstrengend, aber durch viel Sprechen mit meiner Gastfamilie und meinen Freunden, konnte ich mich schon nach ein paar Monaten gut verständigen.

 

Essen und Kultur

 

Was das Essen anging, hatte ich vorher etwas große Angst, da ich gehört habe, dass ich als Vegetarierin in Südamerika eher Probleme haben würde. Tatsächlich war auch meine Erfahrung, dass die Paraguayer bei fast jeder Mahlzeit Fleisch essen und man als Vegetarierin normalerweise eher selten etwas zu essen findet. Ich hatte allerdings großes Glück, da meine Gasteltern dem Thema gegenüber sehr offen waren und mir immer etwas Vegetarisches gekocht haben oder darauf geachtet haben, dass ich etwas zu essen bekomme.

 

Paraguayer sind im Gegensatz zu den Deutschen unfassbar stolz auf ihre Kultur. Traditionelles Essen wie zum Beispiel Chipa (welche man normalerweise mit einer Art Tee „Cocido“ isst), sopa paraguaya, Asado (so etwas wie grillen) oder Mbejú gibt es als Snack oder Beilage zu fast jeder Mahlzeit. Außerdem wird in Paraguay vor allem im Sommer super viel Tereré getrunken, was ähnlich wie Mate ist, nur kalt.

 

In Paraguay gibt es zwei Amtssprachen, Spanisch und Guaraní. Guaraní ist die Sprache der Ureinwohner, nach denen nicht nur die Sprache, sondern auch Paraguays Währung benannt wurde. Ich würde sagen, dass die Anzahl der Menschen, die ausschließlich Guaraní sprechen eher überwiegt, aber die meisten sprechen eine Mischung „Jopara“. Da ich in der Nähe der Hauptstadt gelebt habe, haben aber eigentlich alle Spanisch oder Jopara gesprochen.

 

Ich muss sagen, ich hatte schon einen sehr starken Kulturschock. In Paraguay ist so ziemlich alles anders in Deutschland, was nur anders sein kann. Von der Mentalität der Menschen bis hin zu dem Essen und der Tier- und Pflanzenvielfalt. Doch es ist auch echt schön, die Welt mal von einer ganz anderen Perspektive zu sehen, als man es in Deutschland vielleicht tut.

 

Schule und Freunde

 

Auch wenn ich Schule manchmal langweilig fand, sind dort einige meiner schönsten Erinnerungen entstanden. Ich war auf einer deutschen Schule, was mein Spanischlernen aber überhaupt nicht beeinflusst hat, da es keinen Deutschunterricht gab und auch fast niemand deutsch sprach. Für mich war es am Anfang sehr leicht Menschen kennenzulernen, da oft Leute auf mich zugekommen sind und mit mir reden wollten. Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Südamerikaner oft sehr offen sind und es dadurch manchmal etwas braucht, zu erkennen, ob Leute nur nett sind oder wirklich mit dir befreundet sein wollen.

 

Ich hatte immer zweimal die Woche bis 17 Uhr Schule, aber das hat mich meistens nicht gestört, weil ich so mehr Zeit mit meinen Freunden verbringen konnte. In meiner Freizeit habe ich mich manchmal mit meinen Freunden in einer Mall oder einem Café getroffen, habe Volleyball gespielt oder bin mit meiner Gastmutter ins Fitnessstudio gegangen.

 

Obwohl ich natürlich wie jeder andere Austauschschüler auch meine Höhen und Tiefen hatte, war für ein Jahr ins Ausland zu gehen wahrscheinlich die beste Entscheidung meines Lebens. Ich habe so unfassbar viel dazugelernt, ganz viele wundervolle Menschen kennengelernt und ein zweites zu Hause am anderen Ende der Welt gefunden.

Finjas große Gastfamilie

Finjas große Gastfamilie

Finjas 16. Geburtstag

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Finja mit Freundinnen in der Schule

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Finja mit ihrer Gastfamilie an Silvester

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Aussicht in Paraguarí

Aussicht in Paraguarí

Finja am letzten Schultag

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