Schon lange stand für mich fest, dass ich die 11. Klasse im Ausland verbringen würde. Nachdem ich Lateinamerikaner und die spanische Sprache kennen gelernt hatte, wusste ich auch wohin es gehen sollte. Meine Mutter bekam einen Schock, als ich schließlich von YFU eine Zusage für Mexiko bekam. Sie hatte, wie auch der Rest meiner Familie und meine Freunde, viele Vorurteile. Alle sagten mir dasselbe: „Sei vorsichtig, zu gefährlich, warum denn nicht Spanien..."
Eine bunte, laute Welt
Nach einigen Diskussionen gab meine Mutter schließlich nach und der Tag meiner Abreise rückte immer näher. Nach dem langen Flug kam ich todmüde, aber sehr glücklich, in Mexico City an und betrat ich eine fremde, bunte und laute Welt.
Nach einem YFU-Orientierungsseminar in Cuernavaca reiste ich weiter in den Norden nach Saltillo, Coahuila, zu meiner Gastfamilie. Sie waren alle sehr nett. Nach anfänglichen Kommunikationsschwierigkeiten verstanden wir uns gut.
Einlassen auf eine fremde Kultur
Bald kam es leider zu einigen Missverständnissen aufgrund unterschiedlicher kultureller Eigenarten. Bestimmte Angewohnheiten, wie z.B. die Zimmertür zu schließen oder höfliche Antworten und Fragen auch ohne Bitte und Danke zu formulieren, werden bei vielen Mexikanern als unhöflich angesehen. Die Mexikaner sind sehr freundlich und höflich und Unhöflichkeit oder bestimmte Angewohnheiten werden nicht gerne gesehen. Man muss sich auf diese Kultur einlassen und sie akzeptieren. Jeder macht Fehler, aber man kann auch aus ihnen lernen. Die Missverständnisse führten dazu, dass ich die Gastfamilie wechselte.
Bei meiner zweiten Gastfamilie fühlte ich mich von Anfang an sehr wohl. Meine Gastschwester ging mit mir zur Schule und half mir, wo sie konnte. Nach einiger Zeit wurden wir unzertrennlich und fühlten uns wie richtige Geschwister. In der Schule erregte ich, aufgrund meiner Haut- und Haarfarbe, großes Aufsehen und alle liebten mein gebrochenes Spanisch.
Fasziniert von der mexikanischen
Kultur und Küche
Meine Sorgen, ich könnte die spanische Sprache nicht schnell genug lernen, blieben unbegründet. Nach und nach flossen in mein Englisch immer mehr spanische Wörter ein, bis ich mich schließlich komplett auf Spanisch verständigte. Vorher konnte ich kaum Spanisch und nun, nach einem Jahr in Mexiko, bin ich Kursbeste.
Die mexikanische Kultur faszinierte mich von Anfang an: die Traditionen, die Geschichte, die Hintergründe, Bräuche und Feste. Das Essen war am Anfang gewöhnungsbedürftig, aber jetzt bin ich verrückt nach Tortillas, Mole und Enchiladas.
„Richtig" ankommen und wiederkommen
Nach ungefähr vier Monaten war ich „richtig" in Mexiko angekommen und lernte Land und Leute kennen und lieben. Die Leichtigkeit mit der die Mexikaner leben, ihre Lebensfreude, ihr ganz spezieller Humor, die Gastfreundlichkeit und Offenheit faszinieren mich bis heute. Ich habe in Mexiko viele wahre Freunde und eine zweite Familie gefunden.
Nach meiner Rückkehr waren alle sehr gespannt auf meine Fotos und Erlebnisse. Ich habe bewiesen, dass das deutsche „Bild" der Mexikaner nicht stimmt. Ein Teil von mir ist in Mexiko geblieben und ich erinnere mich sehr gerne an diese Zeit. Es war die beste Zeit meines Lebens und ich bin froh den Entschluss gefasst zu haben, ein Jahr im Ausland zu verbringen.
In den Sommerferien werde ich wieder meine Gastfamilie besuchen. Ich bin mir sicher, dass auch dieser Sommer unvergesslich werden wird. Viva México!