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Wie ein echter Kanadier

Erfahrungsbericht von Jannik, Austauschjahr in Kanada

Ich wusste vor Beginn meines Austauschjahrs nicht viel über Kanada, außer, dass es nördlicher liegt und kälter ist als der „große Bruder“ USA. Und obwohl sich die beiden Staaten in vielem ähneln, ist Kanada doch etwas ganz Besonderes. Das fängt schon bei der Sprache an: In Kanada ist neben Englisch auch Französisch Amtssprache. In der Provinz Quebec redet man sogar fast nur Französisch, während New Brunswick, wo ich mit meiner Gastfamilie lebe, als einzige Provinz zweisprachig ist. Ich finde das cool, weil ich so beide Sprachen besser lernen kann. Am Anfang hatte ich zwar Probleme, die Leute zu verstehen, weil sie ganz schön schnell reden, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und komme überall mit. Ich glaube, ich rede jetzt sogar selbst so schnell.

 

 

Ungewöhnliche Schulfächer

In der Schule startet jeder Tag im „Homeroom“, das ist der Klassenraum eines Lehrers, dem man mit ungefähr 30 Leuten für das Jahr zugeteilt wird. Dort hört man die kanadische Nationalhymne und bekommt alle wichtigen Schulinfos für den Tag. Erst danach geht der Unterricht los. Meinen Stundenplan konnte ich selbst zusammenstellen, was viel mehr Spaß macht als in Deutschland. Ich war zum Beispiel sehr überrascht, dass hier Yoga als Unterrichtsfach angeboten wird! Außerdem konnte man Fächer wie Outdoor Pursuits (das ist ein Kurs, bei dem man verschiedene Aktivitäten im Freien macht) und Journalismus wählen. Bei der Auswahl hatte ich echt Probleme, mich zu entscheiden. Nachmittags gibt es in meiner Schule verschiedene Clubs und AGs. Ich spiele in der Fußball- und Basketballmannschaft mit. Da die Kanadier wirklich sehr nett und unkompliziert sind, habe ich dort auch schnell Freunde gefunden. Meine Freunde sind aber nicht nur Kanadier, sondern kommen aus der ganzen Welt, denn Kanada ist ein internationales Land. Besonders toll an der Schule finde ich übrigens die lange Mittagspause, in der man ganz bequem zusammen essen gehen kann. Eine andere Sache, die mir richtig gut gefällt, sind die Spinds, die man aus amerikanischen Filmen kennt. Jeder Schüler hat nämlich einen eigenen Schrank auf dem Gang, in dem man seine Sachen lagern kann. Dadurch muss ich die schweren Bücher nicht den ganzen Tag mit mir rumschleppen.

 

Mit meiner Gastfamilie lebe ich in Dalhousie, das ist ein kleiner Ort an der Atlantikküste im Norden von New Brunswick. Hier wohnen zwar nur knapp 3.500 Menschen, aber es gibt alles, was man braucht: Shops, Restaurants, ein Theater, ein Bowlingcenter und einiges mehr. Ich unternehme viel mit meinen Gasteltern. Sie sind sehr locker drauf. Wir kochen oft zusammen und haben auch schon ein paar Mal deutsche Gerichte gekocht. Außerdem waren wir schon beim Whale Watching, das war ein unvergessliches Erlebnis! Generell habe ich das Gefühl, dass die Familie in Kanada eine größere Rolle spielt als in Deutschland. Wenn ich gerade nichts mit meiner Gastfamilie mache, treffe ich mich in meiner Freizeit mit Freunden und wir gehen zum Beispiel ins Kino. Im Winter bin ich außerdem mindestens einmal in der Woche Ski gefahren. Das habe ich in Deutschland noch nie gemacht und ich war erstaunt, wie schnell ich mich verbessert habe. Einmal waren wir auch Schneeschuhwandern und ein anderes Mal Eislochfischen. Dabei bohrt man ein kleines Loch ins dicke Eis und fischt darin. Im Winter fallen die Temperaturen hier ganz schön tief und ich war total erstaunt, wie viel Schnee fallen kann. Aber natürlich ist es nicht das ganze Jahr über kalt. Man muss also keine Angst haben, nur im Schneeanzug rumzulaufen.

 

 

Unberührte Natur

Die Natur in New Brunswick ist wirklich wunderschön. Wir wohnen nur drei Minuten vom Meer entfernt und es ist einfach toll, morgens aus der Tür zu kommen und den Sonnenaufgang über der Bucht zu betrachten. Die kanadische Natur ist ohnehin fast völlig unberührt, denn obwohl Kanada das zweitgrößte Land der Erde ist, leben hier gerade mal 35 Millionen Menschen, und die vor allem im Süden an der Grenze zu den USA.

 

 

Leben mit Fremden – nicht mehr!

Am Anfang meines Austauschjahres hat es sich manchmal noch so angefühlt, als würde ich mit Fremden leben (so war es da ja auch noch), aber irgendwann fühlte ich mich echt zu Hause. Zum Beispiel als ich typisch kanadische Poutine (das sind Pommes mit Käse und Bratensauce drauf) bei einem Hockeyspiel gegessen habe, während im „Indian Summer“ die Wälder in hellrot, orange und gelb geleuchtet haben oder als wir zu Thanksgiving alle zusammengesessen und gefeiert haben. Wie ein echter Kanadier eben. Ich bin froh, dass ich mich für ein Austauschjahr in Kanada entschieden habe und kann jetzt schon sagen, dass ich hier einiges lerne. Aber es geht nicht nur um die Sprache. Ich habe auch das Gefühl, dass ich erwachsener und selbstständiger geworden bin. Natürlich ist ein Austauschjahr so weit weg vom eigentlichen Zuhause manchmal eine Herausforderung und zwischendurch vermisse ich meine Familie und Freunde in Deutschland auch. Aber dann lenke ich mich ab und unternehme etwas mit meinen kanadischen Freunden. Ich finde, man sollte es auf jeden Fall wagen, ein Austauschjahr zu machen. Und hinterher kann man wirklich stolz auf sich sein, weil man diese Herausforderung gemeistert hat und dabei auch noch richtig viel Spaß hatte!