Namaste! Ich bin Jana und bin gerade aus meinem zehnmonatigen Austausch in Indien zurück - die wohl schönsten und spannendsten zehn Monate meines Lebens! Indien ist ein Land der Gegensätze, die sieben anderen Schüler, die gleichzeitig mit mir Indien zu ihrer zweiten Heimat gemacht haben, und ich, wir haben alle ganz andere Erfahrungen gemacht. In jeder einzelnen Familie ist die Kultur anders und selbst wenn dieselben Feste gefeiert werden, gibt es andere Bräuche und Traditionen, sodass ihr euch sicher sein könnt das eure Erfahrungen in Indien komplett einzigartig sind!
Indien statt USA
Aber wie kommt eigentlich die Idee, in dem Land in Südasien leben zu wollen? Ich habe mich tatsächlich zuerst für das ganz typische Austauschland interessiert - Amerika. Aber nachdem das Bekannte mitbekommen haben, erzählten sie mir von ihrer Tochter, die mit genau demselben Programm wie ich in Indien war. Die Erzählungen haben mich so beeindruckt, dass sie mich letzten Endes dorthin gebracht haben, wo ich dann war, in den Norden Indiens. Und ich bin unglaublich dankbar dafür, dass diese Bekannten da gewesen sind. Nur dank ihrer Inspiration habe ich meine zweite Heimat und meine zweite Familie so gefunden, wie es nunmal war. Und wahrscheinlich sagt das jeder über genau sein Jahr, aber es hätte nicht schöner sein können! Außerdem habe ich erst in eben jenem Gespräch über die Organisation YFU und das Stipendienprogramm „Botschafter Bayerns“ erfahren (ja, ich muss zugeben, ich habe mich im Vorfeld nicht besonders gut über meine Möglichkeiten informiert, ich hatte wirklich Glück, dass mir eigentlich zufällig alles erzählt wurde). Das Stipendium hat für mich das ATJ schöner gemacht, weil ich offiziell Bayern im Ausland repräsentiert habe. Ja, jeder Schüler steht für Deutschland, aber es war schon eine Ehre, vom Kultusministerium extra ausgewählt zu werden. Außerdem war es natürlich für meine Eltern wesentlich einfacher, da sie dann gar nicht mehr auf das Geld, das für den Austausch automatisch ausgegeben wird, achten mussten. Nachdem ich mich auf den VBTs war und mich ein bisschen über Indien eingelesen habe, ging es auch schon los.
Zwei Mamas und Papas
Familie in Indien ist ein Wert, der groß geschrieben wird, also waren diese vier Personen, meine Eltern, meine ältere Schwester und mein älterer Bruder, auch die wichtigsten Personen in diesem Jahr. Ich verbringe mehr Zeit mit ihnen, aus jemals zuvor mit meiner deutschen Familie oder meinen Freunden, egal ob in Indien oder in Deutschland. Sie sind die süßesten Personen, die ich je kennengelernt habe und sie sind unglaublich fürsorglich. So sind sie mir natürlich auch unglaublich ans Herz gewachsen. Der Abschied war auch dementsprechend schwer und es ist immer noch nicht leicht, so weit von ihnen weg zu sein, aber ich bin regelmäßig mit ihnen in Kontakt und die Erfahrungen waren es definitiv wert!
Wenn ich von meiner Familie in Indien erzähle sage ich meistens „Mama“ und „Papa“, auch wenn ich über sie mit meiner leiblichen Mama und meinem leiblichen Papa rede. In Hindi, der Sprache meiner Gastfamilie, heißen die beiden nämlich genau so wie in der deutschen Sprache. Jetzt, nachdem ich sie ein Jahr so genannt habe, fühlt es sich falsch an, sie irgendwie anders zu nennen. Es ist einfach ein tolles Gefühl, überall auf der Welt (ok, eigentlich nur Deutschland und Indien, aber das zählt schon) Familie und Freunde zu haben. Plötzlich wird die Welt zu einem kleineren Ort und man möchte unbedingt noch einen Ort so intensiv kennen lernen, wie den, an dem man seinen Austausch verbringt.
In der Welt zu Hause
Ich würde mich sofort wieder für einen Austausch anmelden und ich hoffe auch, dass ich während meinem Studium die Möglichkeit haben werde, für ein oder zwei Semester nochmal im Ausland zu leben. Der Hauptgrund dafür ist, dass man so unglaublich viel lernt. Über die Kultur, über die Menschen dort, über sich selbst. Man fängt an, über seine eigenen Wertevorstellungen nachzudenken, über die Religion (ich bin Evangelisch, meine Gastfamilie ist hinduistisch. Dort betet man viel zu Statuen von Göttern. In den zehn Geboten ist es verboten, zu einem anderen Gott oder einem Gottesabbild zu beten, trotzdem habe ich beides gemacht. Aber ein schlechtes Gewissen habe ich nicht. Ich glaube jetzt mehr als jemals zuvor an einen toleranten Gott, zu dem ich zurzeit einfach durch einen anderen Weg meinen Glauben zeige).
Natürlich ist es nicht immer nur Spaß. Man vermisst seine Familie und Freunde aus dem Heimatland, ein bestimmtes Essen (in meinem Fall das Schwarzbrot), man ist verwirrt, wenn die Leute um einen herum in einer anderen Sprache sprechen, besonders wenn sie in einer Gruppe sind und schnell sprechen. Am Anfang konnte ich nicht hören, wo ein Wort anfängt und das nächste aufhört. Mittlerweile verstehe ich Hindi natürlich schon relativ gut, aber manchmal ist es trotzdem noch schwer. Wenn wir nicht daheim essen sind auch oft die Gewürze ein kleines Problem, es ist einfach unglaublich scharf. Aber auch daran kann man sich gewöhnen und mittlerweile mag ich das Essen sogar ein bisschen schärfer. Und auch das „Brotproblem“ wurde gelöst, mir wurde per Post eine Backmischung geschickt, die zwar natürlich nicht perfekt war, aber trotzdem war es Brot und ich wusste ja, in nur kurzer Zeit kann ich wieder täglich Brot essen.
Generell sind all diese Schwierigkeiten klein im Vergleich davon, was man lernt und erleben darf, meistens lässt sich auch eine Lösung dafür finden, wenn man es nur probiert und mit der Familie oder bei größeren Problemen mit YFU redet. An dieser Stelle möchte ich mit einem Spruch aufhören, den wahrscheinlich jeder Austauschschüler für wahr erachtet.
"Studying abroad kills you in a thousand ways, but it makes you smile in a million. So do it. Take a thousand pictures, make a thousand memories, meet a thousand new people... And leave with a thousand ideas and plans for the future."