Paris, 26 August 12h10. Das Flugzeug mit uns vier deutschen Austauschschülern landet in der République française. Mir steigen nach vielen Tränen bei meinem Abflug in Hamburg auf einmal die Freudentränen in die Augen. Nun geht es los! Ich bin tatsächlich dabei, meinen Traum zu verwirklichen: ein Jahr in Frankreich zu leben!
Essen in meiner Gastfamilie
Nach einem YFU-France Kurz-Seminar von zwei Tagen mit kleinen AGs und einer Tour mit dem Bateau Mouche über die Seine am Eiffelturm vorbei, ging es in die Gastfamilien...
Da ein normaler Arbeitstag und auch ein normaler Schultag in Frankreich oft bis in die frühen Abendstunden hinein reichen, traf sich auch meine Familie immer erst abends zum gemeinsamen Essen. Bei einer warmen Mahlzeit und klischeegetreu viel Käse und Baguette haben wir uns dann über die Erlebnisse des Tages ausgetauscht. Meistens dauerte das Abendbort dadurch gern mal ein bis zwei Stunden, in denen wir viel gequatscht und gelacht haben. Durch Mithilfe bei der Vorbereitung des Essens konnte ich mir natürlich auch etwas aus der französischen Küche abgucken und meine Kochkünste erweitern.
Es ist spannend, die eigenen Bedürfnisse auch mal zurück zu stellen
Der Erziehungsstil meiner Gasteltern war eher traditionell konservativ. Diskussionen um die strengen Regeln meiner Gasteltern waren äußerst unerwünscht und wurden von mir dadurch gar nicht erst angefangen. So verstand ich mich sehr gut mit meinen Gasteltern und ich merkte, dass es für mich kein Problem war, mal für ein Jahr meine Bedürfnisse etwas zurückzustellen.
Adventskalender und Schlittschuhlaufen
Doch auch wenn ich den Erziehungsstil meiner Gasteltern lieber nicht kritisieren sollte, waren meine Gasteltern sehr offen gegenüber anderen Bestandteilen der deutschen Kultur. Ich habe einen Adventskalender für meine Gastfamilie gebastelt. Außer mir gab es meinen Gastvater Fred, meine Gastmutter Anne, meinen Gastbruder Victor und meine Gastschwester Marie. Jeder von ihnen durfte an jedem vierten Tag ein Säckchen des Adventskalenders öffnen. Sie waren begeistert!
Apropos Weihnachtszeit. Kurz vor Weihnachten bin ich mit meiner Gastfamilie nach Paris zu der Schwester von Anne gefahren. Paris zur Weihnachtszeit war wunderschön! Und dank der Unternehmungslust meiner Gasteltern sind wir sogar auf dem Eiffelturm Schlittschuhlaufen gegangen. Total cool!
Weihnachtliches Heimweh und ganz viel Spaß
Weihnachten hatte ich dann ein wenig Heimweh. Doch meine Gastfamilie hat sich sehr darum bemüht, dass es ein tolles Fest wurde. Das Essen dauerte fast sieben Stunden! Es gab Meeresfrüchte und das gemeinsame Beisammensitzen , mit meiner Familie, der Tante und dem Cousin meiner Gastgeschwister war sehr lustig, Vor allem da ich mich etwas ungeschickt mit dem Essen anstellte und sehr überrascht von einigen „Leckereien" auf dem Tisch war. Das einzige was nicht so toll war: Die Geschenke macht man in Frankreich für gewöhnlich erst am Morgen des 25. Dezember auf, so muss man länger auf die Geschenke warten. Mist!
Cousinen über Cousinen
Ostern fiel mit dem Geburtstag der Oma meiner Gastmutter zusammen und so gab es eine riesige Familienfeier mit rund. 40 Gästen, auf der ich fast alle Verwandten meiner Gastfamilie kennenlernte. Auf einmal hatte ich nicht nur meinen einen Cousin und meine eine Cousine in Deutschland, sondern noch acht weitere Cousins und Cousinen in Frankreich.
Gleich im Anschluss an die große Familienfeier, die in der Nähe von Paris stattfand, bin ich dann für zehn Tage mit meiner Gastfamilie von Paris aus nach Marokko in den Urlaub geflogen. Marokko ist ein beliebtes Reiseziel der Franzosen, da die Menschen dort fließend Französisch sprechen.
Mein französisches Abitur
Nach einem tollen Urlaub mit meiner Gastfamilie stand mir noch eine große Sache bevor. In Frankreich wird der höchste Schulabschluss, das BAC, in den letzten zwei Schuljahren in zwei Phasen geprüft. Die Schwerpunktfächer werden erst im letzten Schuljahr geprüft, alle anderen, die „Nebenfächer", werden bereits im vorletzten Jahr (der 11. Klasse) geprüft. Da ich die première (11. Klasse) eines lycées besuchte, habe ich mich an dieser Herausforderung, nach Aufforderung meiner Gasteltern, versucht. Ich wurde in Französisch, Mathe, Bio, Physik und Chemie schriftlich geprüft und in Französisch sogar noch mündlich. Auch oder vielleicht vor allem weil mich diese Situation als Austauschschülerin etwas überfordert hat, bin ich letztendlich stolz darauf, nun einen Teil des BACs in der Tasche zu haben.
Fête de la Musique
Einen Monat vor dem Ende meines Austauschjahres, kam dann noch das tollste Event, dass ich je erleben durfte: die „fête de la musique". Ich kann nur jedem empfehlen diesen Tag, den 21. Juni (Sommersonnenwende) in Frankreich zu verbringen. An diesem Tag waren die Straßen Amiens voller Musik, alle paar Meter spielten Bands, in den Parks fanden Konzertauftritte statt. Es wurde über all auf den Straßen gesungen und getanzt. Und ich war im Austauschjahr – ich war mittendrin!!!!
Eine zweite Heimat...
Nach vielen Einkäufen in Hypermarchés, einer Perfektionierung der französischen SMS-Sprache, die der wirklichen französischen Sprache wahnsinnige Abkürzungen verleiht, einem Ausflug ans Meer mit zwei anderen Austauschschülerinnen, meinem 17. Geburtstag, Trickübungen mit unserem Hund *princess*, meiner Gastfamilie, Kummer und viel Freude kam ich wieder in Hamburg bei meiner deutschen Familie an: Mama, Papa, Jana.
Und auch wenn ich unter anderem durch mein Jahr in Frankreich Deutschland zu schätzen gelernt habe und mein deutsches Leben nach wie vor liebe, wird Frankreich immer in meinem Herzen bleiben und ich werde nicht davon ablassen können, meine zweite Heimat regelmäßig zu besuchen.
Vive la France!