icon_meereskunde icon_outdoor-education icon_landwirtschaft_neu

Von Großfamilie, Überraschungspartys und Schule, die Spaß macht

Erfahrungsbericht von Katharina, Austauschjahr in Brasilien

Fußball, Samba, die Christusstatue, fröhliche Menschen, Armut. All die Dinge mögen einem wohl als erstes einfallen, wenn man Brasilien hört. Doch dass es noch so viel mehr in diesem wundervollen, riesigen Land zu entdecken gibt, und dass ich Land und Leute bald so ins Herz schließen würde, hätte ich mir 9 Monate zuvor noch nicht vorstellen können. Am 5. August ging es für mich los, in mein bisher größtes, aufregendstes und auch beängstigstendes Abenteuer. Ein Jahr Brasilien. Die ersten drei Tage in der Ferne verbrachte ich mit anderen Austauschschülern aus aller Welt in einem Vorbereitungscamp in der Nähe von Rio de Janeiro. Uns wurde die leckere brasilianische Küche näher gebracht, wir lernten einiges darüber, wie man kulturelle Fettnäpfchen vermeiden kann und hatten einfach eine super Zeit miteinander. Danach wurden wir alle über das riesige Land verstreut und wir trafen zum ersten Mal unsere Gastfamilien. Ich stand nun vor dem wahrscheinlich aufregendsten Moment meines Lebens, doch als ich dann im Auto zwischen meinen beiden Gastschwestern saß, von lauter brasilianischer Musik beschallt wurde und vor dem Fenster die wunderschöne Landschaft meines Bundesstaates Bahias vorbeizog, wusste ich, dass ich mit Brasilien die richtige Entscheidung getroffen hatte.

 

Familienmitglieder auf Zeit und Frontalunterricht

Mit der Zeit in meinem neuem Zuhause lernte ich das brasilianische Gemüt und die Offenheit der Menschen, das Essen und das warme Klima zu lieben. Aber auch die schwierigen Seiten, die auftreten, wenn man seine gewohnte Umgebung und Kultur für eine ganze Weile verlässt, zeigten sich zeitweise und endeten in Heimweh. Doch nach einer Weile war auch dies, dank meines tollen Umfeldes und viel Ablenkung, vollständig verflogen. Fast jede Woche wurde mir ein neues Familienmitglied aus meiner riesigen Gastfamilie vorgestellt, sodass ich mich nach einiger Zeit nicht mehr daran erinnern konnte, ob ich diese Person je schon einmal getroffen hatte, geschweige denn, dass ich ihren Namen noch kannte. Nichtsdestotrotz genieße ich es sehr, für ein Jahr in einer Großfamilie zu leben und 9 neue Cousinen und über 10 neue Cousins auf Zeit zu haben. Denn Familie wird in Brasilien sehr groß geschrieben und der Zusammenhalt ist auch ziemlich wichtig.

Kurz nach meiner Ankunft ging die Schule für mich los. Schule in Brasilien ist komplett anders. In einem Klassenraum, mit 30 sich laut unterhaltenden oder schlafenden Mitschülern und einem Lehrer, der mit den Schülern umgeht wie ein guter Freund, sollte ich nun dem dort herrschenden Frontalunterricht folgen. Das war am Anfang ein (kleiner) Kulturschock für mich. Doch mittlerweile empfinde ich dies alles als normal und ich gehe gerne in die Schule und genieße das lockere Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler.

 

Zum Geburtstag gibt’s Mehl ins Haar

Wer schon im Austausch war, weiß, dass die Zeit wie im Flug vergeht und so war es auch bei mir. Schon bald stand mein 17. Geburtstag vor der Tür und es sollte auch mein erster Geburtstag ohne meine Familie und Freunde in Deutschland werden. Aber ich war ganz gespannt und ließ alles auf mich zukommen, da ich schon wusste, dass Geburtstage in Brasilien super Feste versprechen. Ich wurde also am besagten Morgen von meiner Gastschwester lauthals mit einem Geburtstagsständchen und einer herzlichen Umarmung geweckt. In der Schule ging es dann weiter. Als ich in das Klassenzimmer trat, fingen alle meine Mitschüler an zu klatschen und zu singen. Das war echt ein super Gefühl und als mir dann im Unterricht Blumen, die von meiner Gasttante kamen, überreicht wurden, konnte der Tag in meinen Augen nicht schöner werden. Doch wer schon einmal in Brasilien Geburtstag gefeiert hat, weiß, dass man nicht mit sauberer Kleidung davon kommen wird. Auch ich konnte der Geburtstagstradition, bei der man dem Geburtstagskind Eier, Mehl, Kaffee und andere Lebensmittel auf den Kopf wirft, also quasi einen Kuchen backt, nicht entkommen. Am Abend und ungefähr 10 Duschen später, wollte meine Gastfamilie dann mit mir Essen gehen. Doch falsch gedacht. Wir fuhren stattdessen in das Haus einer Freundin, in dem schon viele meiner Klassenkameraden warteten, um mich zu überraschen. Und das ist ihnen gelungen. Brasilianer veranstalten sehr oft Überraschungspartys, sodass man eigentlich schon etwas ahnen müsste. Für mich wurde es ein fantastischer Geburtstag mit sehr leckeren Kuchen, anderen kulinarischen Köstlichkeiten und sehr viel Musik und Tanz.

Nun, 9 Monate später, stehe ich vor dem Ende meines Austauschjahres und kann sagen, dass Brasilien zum Land meines Herzens geworden ist und ich nicht mehr weiß, wie ich ohne die ganzen tollen Dinge, Menschen und auch Essen auskommen soll, die ich hier zu schätzen und lieben gelernt habe und die ich jetzt, so wie mein aufgebautes Leben hier, für unbestimmte Zeit wieder verlassen muss. Dennoch bin ich unglaublich dankbar und froh, diese Erfahrung machen zu dürfen und auch glücklich sagen zu können, dass ich den Weg, den jeder Austauschschüler zu gehen hat, mit seinen Höhen und auch Tiefen gut gemeistert habe. Sodass ich jetzt als ein ein bisschen anderer Mensch zurückkehre. Und eins ist klar: Dies ist kein Abschied für immer!

Katharina hat das Feiern in Brasilien schätzen gelernt

Katharina hat das Feiern in Brasilien schätzen gelernt