Der 13.08. war mein langersehnter Tag, genauso wie für viele andere Austauschschüler von YFU. Meine Reise führte jedoch an das andere Ende der Welt – nach Argentinien. Es war ein langer und spannender Weg bis zu meiner Abreise, und es kommt mir vor wie gestern als ich zwei Wochen vor meiner Abreise die Bestätigung für meine Gastfamilie bekam. Denn ich weiß noch genau, was das für ein Gefühl war: Abenteuerlich. Nicht zu wissen, wer einen alles erwartet. Nicht zu wissen, wie alles aussehen wird. Nicht zu wissen, wie man ohne viele Sprachkenntnisse zurechtkommt. Nicht zu wissen, wie es sein wird, ein Jahr von seiner Familie und Freunden getrennt zu sein. Nicht zu wissen, wie die Kultur und das Essen sein wird. Es ist ein großer Schritt in die Welt, und ein noch viel größerer sich mitten ins Abenteuer zu stürzen.
Der erste Tag
Mit tausend Fragezeichen, Vorstellungen, Zweifeln, Aufregung und Freude ging es dann von meinem dreitägigen Ankunftsseminar in Buenos Aires los in meine Gastfamilie. Eine Achterbahn von Gefühlen. Denn auf meinem kurzen Flug von Buenos Aires nach Bariloche war, abgesehen von meiner Gefühlsachterbahn, eine meiner größten Sorgen, meine Gastfamilie nicht finden zu können. Bereits auf der Rolltreppe auf dem Weg zu meinem Koffer konnte ich ein kleines blau-weiß gestreiftes Schild aus der Ferne mit dem Willkommensgruß „Bienvenida Léonie“ durch eine Glaswand erkennen. Mein Ankunftstag war gleichzeitig der Geburtstag meiner Gastschwester Maia und somit hatten wir zwei Ereignisse an einem Tag zu feiern. Ich weiß noch genau wie mich meine Gastoma in meinem neuen zu Hause begrüßt hat: „Bienvenida Léonie!“ sagte sie, strahlte mir ins Gesicht und drückte mich ganz fest. Kurz darauf konnte ich es gar nicht abwarten, das Haus zu sehen, und meine Gastschwester Lara zeigte mir auch sofort alles. Bis die Gäste kamen hatte ich zum Glück noch etwas Zeit, aber lange war es nicht mehr hin, da klingelte schon die Tür und die ersten Familienangehörigen trafen ein. Es waren zwar viele neue fremde Gesichter, aber so fremd fühlte es sich gar nicht an. Es war viel mehr wie ein langersehntes warten aufeinander und ein „Ich kann es kaum abwarten, dir tausend Fragen zu stellen und dich endlich kennenzulernen“ Gefühl.
Zwei Wochen später war ich mit meiner Gastmutter, Lara und Mica Ski fahren. Für mich war es das erste Mal überhaupt, doch für die anderen drei eines von vielen. Mica (eine Klassenkameradin) fährt schon seit 10 Jahren Ski und da sie ebenfalls gute Englischkenntnisse hat, hat sie mir unglaublich viel helfen können. Die erste Zeit war ich etwas wackelig und ängstlich, doch nach ein paar Mal auf- und abwärts fahren war ich dann doch schnell viel vertrauter mit meinen Skiern. Die Kurven und das Bremsen war das schwierigste, aber zu meinem Glück bin ich nur zweimal auf der Piste hingefallen. Nach vielen Ermutigungen und oft positiven Bemerkungen habe ich mich nach einer Zeit dann doch der etwas schwierigeren Piste gewidmet. Doch da war ich dann nicht mehr so sicher, mehr besorgt darüber mir jede Sekunde meine Beine zu brechen. Alles in einem war es ein wundervoller Tag und eine unbeschreibliche Erfahrung. Die Tage darauf konnte ich es gar nicht mehr abwarten wieder Ski fahren zu können, denn so viel Zeit blieb nicht mehr, das Eis schmolz und der Frühling stand vor der Tür.
Die argentinische Küche
Was auf jeden Fall immer wieder aufregend ist, und das fast jeden Tag, ist das Essen. Schon bevor ich hier hingekommen bin, habe ich mir neben den ganzen anderen Vorstellungen mitunter viele Gedanken über das Essen machen müssen. Was erwartet einen wohl alles auf dem Essenstisch? Was sind die typischen Spezialitäten der argentinischen Küche? Was ich aber schon vorher wusste – und was neben dem Tango eines der ersten Sachen sind, die einem einfallen wenn man das Wort Argentinien hört – ist das Fleisch bzw. das „gute argentinische Steak.“ Jedenfalls saß ich eines Tages zusammen mit meiner Gastfamilie bei gutem Wetter und guter Laune draußen im Garten. Der Geruch von Fleisch (argentinischer Begriff: „Asado“) war nicht zu überriechen, denn mein Gastvater war gerade dabei das Asado anzubrutzeln. Es gibt eigentlich nie nur eine Auswahl an Fleisch: Schwein, Kalb, und überwiegend Kuh sind immer dabei. Jedenfalls gab es diesmal noch eine andere Kleinigkeit neben den normalen Steaks. Es war klein und irgendwie hatte es ein bisschen die Form eines Pfifferlings. Aber nicht vergessen, es ist immer noch eine Art von Fleisch. Wie bei so vielen Gerichten zuvor auch schon, wusste ich nicht was es war und hatte es zuvor auch noch nie gesehen, aber zögerte nicht, es sofort zu probieren. Schließlich war es nicht das erste Mal, das ich nicht genau wusste, was ich da überhaupt aß. Also den Geschmack kann ich nur schwer beschreiben, aber es war sehr lecker und es hatte ein leichtes Aroma von neu. Trotzdem aber wollte ich wissen, was es denn jetzt überhaupt war. Also stellte ich meine mittlerweile berühmte Frage: „Que es eso?“ (Was ist das?). Meine Gastmutter zögerte keine Sekunde daran mir zu antworten. Jedoch nach dem Wort „Vaca“ (Kuh) und ihren andeutenden Handbewegungen auf ihr Ohr hatte ich aufgehört weiter zuzuhören und mein Gesichtsausdruck scheint sich in Sekundenschnelle von „Ach, wie lecker“ in „Ach du meine Güte“ geändert zu haben, denn alle fingen an zu lachen. Ausschließlich mir! Erst nach der Aufklärung, dass es nur ein Spaß gewesen ist – und meiner Erleichterung kein Kuhohr gegessen zu haben – fing ich an mitzulachen und wenn ich mich recht erinnere, konnten wir auch gar nicht mehr aufhören.
Lustige Missverständnisse und tolle Erinnerungen
Es gibt immer mal wieder lustige Situationen zwischen uns wie zum Beispiel der Witz meiner Gastmutter oder auch kulturelle Missverständnisse aufgrund der Sprache. Wenn ich von dem ersten Tag bis jetzt zurückdenke, ist es schon seltsam wie schnell sich das Leben in meiner Gastfamilie entwickelt und verändert hat. Aufregung garantiert!
Ebenfalls kann ich von dem Moment am Flughafen bis jetzt sagen: „Alles verlief gut, und ich traf ein in ein neues und fremdes Land. Die fremden Menschen, das unbekannte Essen, die neuen Landschaften und Straßen, die neue Schule, die neue Sprache, ich tauchte ein in die neue Kultur, das Leben am anderen Ende der Welt! Alles ist anders als man es gewöhnt ist, oder kennt. Wirklich alles! Doch die Menschen hier empfangen dich mit offenen Armen, und gestatten dir Eintritt in ihr Leben und ihren Alltag. Sie erleichtern und helfen dir alles Neue kennenzulernen und geben dir Ratschläge und Hinweise für alles.“
Es gibt bereits schon so viele Erinnerungen die ich den kurzen drei Monaten gesammelt habe, ob mit meiner Gastfamilie, mit anderen Familienangehörigen, meinen neuen Freunden, oder Klassenkameraden. Und das schönste ist: Da sind noch viele weitere Erlebnisse, die nur darauf warten erlebt zu werden!