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Engagiert | Bericht

 

Der Jugendengagementkongress 2025

Rahel, Sophie und Antony berichten

 

 

Im Rahmen des Jugendengagementkongresses (JuKo) im Mai 2025 nahmen wir, Rahel, Sophie und Antony, an unterschiedlichen Workshops teil. Im Folgenden hat jeder über seine Eindrücke und Erfahrungen berichtet.

 

Rahel Zimmermann

 

„Der JuKo begann am Dienstagnachmittag und bot von Anfang an die Chance, neue Menschen mit ganz verschiedenen Engagements und Hintergründen kennenzulernen: beim Kennenlernspiel und Abendessen konnten wir bereits mit anderen jungen Engagierten aus ganz Deutschland ins Gespräch kommen. Ein gewinnbringender Austausch, der sich über die folgenden Tage hinweg fortsetzen sollte.

 

Am nächsten Tag ging es in meinem ersten Workshop um Wohnungs- und Obdachlosigkeit. In einer spannenden und bewegenden Stadtführung hat uns eine ehemals obdachlose Person davon erzählt, wie sie die Straßen damals wahrgenommen hat. Dieser Perspektivwechsel beschäftigt mich immer noch, wenn ich durch die Stadt laufe: Kunstwerke, die zu Wäscheständern werden, Bänke, auf denen man sich nicht ausruhen kann, und Gefahren für obdachlose Menschen, die kaum berücksichtigt werden.

 

Auch am dritten Tag hat ein Workshop über Zugehörigkeiten meine Horizonte erweitert: wir haben uns an dem interaktiven Lernort 7xjung damit beschäftigt, wer eigentlich "wir" ist, wer darüber entscheiden darf und was das für Zusammenhalt und Teilhabe in unserer demokratischen Gesellschaft bedeutet. Die abwechslungsreich und kreativ gestalteten Räume des Lernortes haben uns nähergebracht, wie sich solche Konstruktionen in der Vergangenheit ausgewirkt haben und was sie in der Gegenwart bedeuten. Dabei waren vor allem die diversen Erfahrungen und der offene Austausch in der JuKo-Gruppe eine Bereicherung.

 

Später fand ein Marktplatz des Engagements statt, bei dem verschiedene Organisationen sich vorgestellt haben und uns viele spannende Möglichkeiten, sich weiterzubilden, aktiv zu werden und Unterstützung zu suchen, aufgezeigt haben.

 

Am Freitag hat mich neben den Rallye-Stationen vom Herero-und-Nama-Gedenkstein bis zur queerfeministischen Buchhandlung besonders der Festakt zum Tag des Grundgesetzes beeindruckt. Persönlichkeiten wie Anna Ohnweiler, die die Omas gegen Rechts in Deutschland gegründet hat, und Fatuma Musa Afrah, die sich in Brandenburg für die Stärkung von Frauen* mit migrantischer Geschichte einsetzt, wurden als Botschafter*innen für Demokratie und Toleranz geehrt und haben uns dabei alle inspiriert. Vor allem die Worte von Serpil Temiz Unvar, Mutter von Ferhat Unvar und Gründerin der gleichnamigen Bildungsinitiative, haben mich berührt.

 

Die Abschlussfeier mit Tanzbattle am Abend war ein besonderes Ende einer besonderen Zeit - eine Zeit, die mir neue Perspektiven, neue Ideen und neue Freund*innen geschenkt hat.“

 

 

Sophie Schnipkoweit

 

„Der Jugendengament Kongress 2025 war ein unvergleichbares Erlebnis.

 

Schon am Dienstag, den ersten Tag als der JuKo 2025 eröffnet wurde, wurde mir klar welch eine Vielzahl an Menschen aus ganz Deutschland angereist waren, um am Kongress teilzunehmen. So viele und vor allem verschieden engagierte Menschen waren dabei, vom THW bis zur Grünen Jugend. Nach dem Abendessen, der bereits zum gegenseitigen Kennenlernen einlud, konnte man weiter Kontakte bei dem Kennenlern-Bingo schließen.

 

Einige dieser Kontakte fand ich auch am nächsten Tag bei der „dekolonialen Stadtführung“ durch Berlin wieder. Vom Brandenburger Tor, zum Bundestag bis hin zu Orten die man kaum mit Kolonialgeschichte in Zusammenhang gebracht hätte. Sehr lehrreich, ebenso wie der Workshop zum Thema „Burnout ist politisch“, der nach einer Mittagspause anstand. Es handelte darum, was Burnout überhaupt ist, welche Faktoren ihn bedingen und wie man Burnout in der Gruppen bzw. gesellschaftlichen Ebene beobachten kann. Da ich vorher kaum etwas über das Thema wusste, war dieser Workshop mit der Psychologin Mariola Thomasen sehr spannend.

 

Weiter ging es am Donnerstag mit meinem letzten ausgewählten Workshop: „Koalition gesucht“. Wie der Titel bereits verrät, ging es darum eine Koalition zu schließen. CRISP (Crisis Simulation for Peace e. V.) führte und wertete das Planspiel mit uns Teilnehmer*innen zusammen aus. Es ging um Mehrheiten, Debatten, Zugeständnisse und Ministerposten. Auch wenn am Ende leider keine Koalition zustande kam, war das Planspiel überaus lehrreich.

 

Am Ende des Tages gab es noch die Möglichkeit auf dem Marktplatz des Engagements mit anderen Projekten und Menschen in Kontakt zu kommen. Zusätzlich fand am Donnerstag das große Abschlussplenum statt, in welchem es einen kleinen Rückblick des JuKo 2025 gab, und dieser verabschiedet wurde.

 

Trotzdem war am folgenden Tag, Freitag, noch nicht die Abreise angesagt. Zuallererst nahm ich morgens an einer Rallye durch Neukölln teil. Wir erfüllten fast alle Aufgaben, obwohl die Laune aufgrund des Regens leider etwas getrübt war. Anschließend fuhren wir direkt weiter zur Urania, hier fand der Festakt und die Ernennung der „Botschafter*innen für Demokratie und Toleranz“ statt. Fünf tolle und einzigartige Projekte oder Personen wurden ausgezeichnet, darunter: Omas gegen Rechts und Serpil Temiz Unvar. Der Festakt war emotional, beeindruckend und sehr inspirierend.

 

Zum endgültigen Abschluss gab es eine Feier mit Musik und einem Dance Battle. Der JuKo war eine spannende, inspirierende und einzigartige Zeit. Nicht nur inhaltlich auch menschlich durfte ich sehr viel vom Jugendengamentkongress 2025 mitnehmen.

 

 

Antony Denny Stark

 

„Ich habe an verschiedenen thematisch eng miteinander verbundenen Workshops teilgenommen, die sich mit den Erinnerungen an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft, die SED-Diktatur in der DDR sowie den grundlegenden Fragen von Erinnerungskultur, Zivilcourage und Demokratie auseinandersetzten.

 

1. Stadtspaziergang „Berlin als Erinnerungslandschaft“

Der dialogische Stadtspaziergang führte mich zu mehreren bedeutenden Gedenkorten, die an die Opfer nationalsozialistischer Verbrechen erinnern. Stationen waren unter anderem das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen, das Denkmal für die Opfer der NS-„Euthanasie“-Morde sowie das Denkmal des Hitler-Attentäters Georg Elser. An jedem Ort erhielt ich detaillierte Informationen zur historischen Einordnung und zur gesellschaftlichen Debatte um die jeweilige Denkmalsetzung. Die Gestaltung und Platzierung der Denkmäler im Stadtraum regten intensive Diskussionen über erinnerungskulturelle Fragen an: Wem wird gedacht und wem nicht? Wie sichtbar ist das Erinnern im öffentlichen Raum? Inwiefern verändern sich Perspektiven auf die Vergangenheit im Lauf der Zeit? Ein besonderes Augenmerk galt der Frage, wie Erinnerungspolitik gestaltet werden kann, damit sie sowohl dem Gedenken an die Opfer gerecht wird als auch zur aktiven Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart anregt.

 

2. „Wer in der Demokratie einschläft, wacht in der Diktatur auf“ – Theaterworkshop zur SED-Diktatur

Dieser Workshop ermöglichte mir einen eindrücklichen Perspektivwechsel in die DDR der 1980er-Jahre. Ausgangspunkt war der Dokumentarfilm „Als wir Kinder waren“, der eindrucksvoll das Aufwachsen in der DDR schildert und dabei Themen wie Konformitätsdruck, Systemtreue und Anpassung an die staatliche Ideologie aufgriff. Im Anschluss schlüpfte die Gruppe selbst in Rollen: In einem nachgestellten DDRKlassenzimmer spielten wir eine Heimatkundestunde aus dem Jahr 1985 nach – inklusive damaliger Kleidung (wir trugen blaue Halstücher, weil wir Jungpioniere der dritten Klasse waren), Regeln und Rituale (Pioniergruß). Auch haben wir den Pioniermarsch gesungen. Während der Unterrichtsstunde stellten sich zentrale Fragen: Wie groß war der individuelle Handlungsspielraum innerhalb der Diktatur? Wie mutig kann man sein, wenn Ausgrenzung droht? Welche Rolle spielen Mitläufertum, Gruppendruck und der Wunsch, zu den „Guten“ zu gehören? Durch das Rollenspiel wurden die subtilen Mechanismen von Diktaturen erfahrbar gemacht. Der Workshop sensibilisierte mich für die Bedeutung von Zivilcourage und dafür, wie leicht demokratische Prinzipien unter Druck geraten können – auch heute.

 

3. „Auf den Spuren der Stasi“ – Rallye und Aktenstudium

In diesem Workshop besuchte ich das Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg, das heute als „Campus für Demokratie“ fungiert. Ausgestattet mit meinem Telefon und unterstützt durch Originalfotos und Archivdokumente, erkundete ich das Areal im Rahmen einer interaktiven Rallye. Die Aufgaben führten mich an zentrale Orte der ehemaligen Geheimpolizei und vermittelten uns einen plastischen Eindruck von der Funktionsweise und Allgegenwart der Stasi im Alltag der DDR-Bürger*innen. Besonders eindrücklich war der Einblick in Originalunterlagen und der Besuch des Stasi-Unterlagen-Archivs. Der Workshop verdeutlichte, wie weit das Überwachungssystem der Stasi reichte, wie Menschen manipuliert und unter Druck gesetzt wurden und wie schwer es war, sich dem zu entziehen. Gleichzeitig regte er dazu an, das Spannungsverhältnis von Sicherheit, Freiheit und Verantwortung auch in heutigen Demokratien zu überdenken.“