Ich bin mit dem Natur- und Umweltprogramm nach Estland gegangen und bin super froh, dass mein Auslandsjahr dieses besondere Extra hatte. Als erstes mal etwas über meine Gastfamilie: Wir haben mitten auf dem Land gewohnt, das heißt in einem Dorf mit nicht mal zwanzig Einwohnern zwischen Wald und Feldern. Wir haben alles Mögliche an Obst und Gemüse im Garten gehabt und so viel es ging, unsere Zeit draußen verbracht. Außerdem haben wir Hühner, die sogar Küken bekommen haben, denen ich beim Aufwachsen zuschauen konnte. Rundherum gab es Platz für Spaziergänge, zum Beispiel mit unserem Hund oder auch meiner kleinen Schwester im Kinderwagen. Die war gerade einmal 4 Monate, als ich angekommen bin. Dazu habe ich noch eine kleine Schwester und einen kleinen Bruder. Also alles, was ich vorher überhaupt nicht gewohnt war: Ich kam aus der Großstadt und war immer nur ein jüngeres Geschwisterkind gewesen und jetzt habe ich die berühmte 180 Grad-Wende vollzogen.
Ich hätte in Estland auch gar kein gesondertes Programm benötigt, um besonders viel in der Natur zu sein. Das lag an meiner Gastfamilie, aber auch an der estnischen Kultur an sich. Die Esten selber genießen ihre Natur und gehen im Sommer in den Mooren wandern und im Winter Skifahren. Sowohl in der Schule als auch zu Hause sind wir gerne Langlauf gefahren. Und natürlich in die Sauna gegangen. Auch dabei habe ich mich mit der Natur verbunden gefühlt, vor allem auch mit mir selbst. Die Sauna ist ein Wunderheilmittel für ganz vieles, nicht nur für körperliches, sondern auch für einen Tag, der von Heimweh geprägt war. Die Esten wissen auch sonst noch sehr viel über Naturheilmittel, welcher Tee aus dem Garten bei Bauchschmerzen am besten hilft und welche Blätter man auf seine Mückenstiche reiben muss.
Doch natürlich habe ich durch das Naturprogramm noch viel, viel mehr tolle Erlebnisse gehabt. Während des ganzen Jahres haben wir auf verschiedenen Trips und Ausflügen ganz unterschiedliche Ecken des Landes gesehen und zu Fuß, auf dem Fahrrad und mit dem Kanu kennengelernt. Den Anfang machte ein Trip nach Saaremaa, einer Insel in der Ostsee gleich am Anfang meines Austauschjahres. Dort haben wir zusammen mit anderen Freiwilligen dabei geholfen; ein ehemaliges Moor, das wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückgewandelt werden soll; von Baumresten zu befreien und somit auch geholfen; seltene Vögel zu schützen. Das waren vier Tage mit viel sinnvoller Arbeit und auch sehr viel Spaß. Es ging weiter mit einem Besuch in einer Vogelstation und verschiedenen Wanderungen und einem Besuch im Zoo. Die Wanderung im Februar anlässlich des estnischen Nationalfeiertag war wohl etwas Besonderes, denN wir waren mit Schneeschuhen unterwegs. Wir sind über die dicken Schneeschichten in einem Moor gewandert. In ein anderes Moor ging es dann im April nochmal, diesmal während der Schneeschmelze, weswegen es viele kleine Seen gab. Übrigens auch bei mir zu Hause in der Nähe, dort kann man herrlich schwimmen gehen. Und da wie gesagt im April viel Wasser da war, sind wir auch auf einem mehrstündigen Kanu-Trip im wunderschönen Süden Estlands gewesen. Auch die YFU Estland Chefin selbst ist mitgekommen, was die Nähe von Austauschschülern und der Organisation in Estland nur noch mal zeigt. Aber persönlich hat mir unser letzter Trip am besten gefallen: Eine Fahrradwanderung von Tartu (zweitgrößte Stadt des Landes, südlich gelegen) zur Piirisaar (Insel) im Peipsijärv (See, der die estnisch-russische Grenze bildet). Dort haben wir unter freiem Himmel übernachtet, im See gebadet, ein Lagerfeuer gemacht und die Insel zu Fuß weiter erkundet. Außerdem hat YFU Estland uns auch unterstützt, wenn wir selber etwas organisieren wollten, das mit dem Thema Natur zu tun hatte, so habe ich zum Beispiel einen Ausflug mit einer Freundin in den botanischen Garten Tallinns gemacht.
Einen großen Teil meines Auslandsjahres habe ich also in der estnischen Natur verbracht und dadurch das Land auf eine besondere Art und Weise kennengelernt.